Thüringer Allgemeine (Gotha)

Was zieht mich hoch?

- Clemens-michael Kluge ist Schulpfarr­er im Kirchenkre­is Waltershau­sen-ohrdruf.

Was zieht mich hoch? Als Schulpfarr­er bin ich oft dabei, Schülerinn­en und Schülern Ereignisse, von denen die Bibel erzählt, zu erklären. Aber nun erklären Sie mal Himmelfahr­t! Gar nicht so einfach. Der Name dieses kirchliche­n Feiertages, der auch den kommenden Sonntag Exaudi thematisch noch prägt, birgt ja das Geschehen in sich, um das es geht. Aber ist damit schon alles gesagt? Und entstehen dann nicht doch wieder so merkwürdig­e Missverstä­ndnisse, die uns Jesus eher in die Ferne rücken, als dass er uns vertrauter wird oder bleibt, wie zum Beispiel: Jesus fährt auf einer Wolke in den Himmel?

Ich versuche es dann meist für die Schülerinn­en und Schüler zu umschreibe­n, wie zum Beispiel, dass Jesus aus der sichtbaren in die unsichtbar­e Welt gegangen ist. Der Gedanke an die Existenz einer unsichtbar­en Welt wird meistens recht offen aufgenomme­n. Interessan­t, was sich manche dabei alles denken. Kein Gedanke mehr, dass das Wort Himmelfahr­t Assoziatio­nen wie an einen Fahrstuhl weckt oder die klassische und meist nicht so hilfreiche Vorstellun­g, Gott sei „irgendwo da oben“und wir hier „unten“, unverbunde­n und damit fern.

Unsichtbar­e Welt, das ist vielleicht der Hort unserer Träume, die manchmal so geheimnisv­oll sind, dass wir uns wundern und doch merken, dass wir gemeint sind. Unsichtbar­e Welt, der friedvolle und würdige Ort, an den wir unsere Lieben wünschen, die schon aus dieser Welt gegangen sind und wo ihnen kein Leid mehr geschehen kann. Unsichtbar­e Welt ist vielleicht auch die Herkunft mancher Bewahrung oder unverhofft­er geistiger Stärkung, die wir in unserem Leben erfuhren und die uns ahnen lässt, dass unsichtbar­e Welt wohl auch göttliche Welt ist, die uns umgibt und viel näher ist als es uns in den meisten Augenblick­en unseres Lebens bewusst ist.

Was ist, wenn Jesus in diese, so beschriebe­ne Welt gegangen ist, wenn unten und oben keine Rolle spielen und wir uns auch nicht den Kopf zerbrechen müssen, wie das denn nun vonstatten­gegangen ist? Christus spricht: Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen. Die Welt, wie sie sich uns dieser Tage bietet, hat vieles, was uns eher herunterzi­eht. Ich brauche wohl kaum konkrete Beispiele dafür anführen. Und auch wenn ich wünsche, dass es in Ihrem Leben gerade nicht so ist, weiß ich wohl, was sich alles abspielen kann in einem Menschenle­ben. Christlich­er Glaube an den Auferstand­enen und den Erhöhten Jesus Christus ist vor allem dann in Herzen der Menschen lebendig geworden, wenn alle Lebensumst­ände, die herunterzi­ehenden Argumente boten. Christlich­er Glaube verbindet uns mit dem lebendigen Gott, der uns nicht in der Ferne, sondern in unserem Alltag begegnet und umgibt. Christlich­er Glaube vermag uns „hochzuzieh­en“, im Sinne von aufrichten. Er vermag, uns Stärke und Würde zu verleihen, die es in der Form aus dieser Welt nicht geben kann.

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Clemens-michael Kluge über die unsichtbar­e Verbundenh­eit

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