Der Gothaer Friedensgroschen von 1647
Historische Feste und Münzprägungen erinnern an das Ende des Kriegsleids. Münze mit Botschaft für die Welt
Gotha. 1648 endete ein 30 Jahre dauernder wütender Krieg. Als konfessionelle Auseinandersetzung zwischen der katholischen Liga und der protestantischen Union begonnen, fand er in einem blutigen Territorialkrieg um die Vorherrschaft in Europa seine Fortsetzung. Der ambivalente Kampfbegriff einer „wertebasierten“Ordnung blieb späteren Zeiten vorbehalten. Als die Kriegsparteien sich erschöpft hatten, besannen sie sich auf bessere Werte – den Frieden – und verzichteten auf die Frage, welche Seite der größere Kriegsverbrecher war.
Am 26. Juni 1650 endlich wurde auf dem Nürnberger „Exekutionstag“der in Münster und Osnabrück zwei Jahre zuvor beschlossene „Westfälische Frieden“ratifiziert, an dem man seit April 1649 – vor 375 Jahren – auch wegen des Rückzugs der Kriegstruppen noch verhandeln musste. Erst danach konnte der Frieden feierlich begangen werden. Das Jahr 1650 wurde so als der Anfang einer neuen Friedensära betrachtet. Der Widerhall war groß. Nachweislich wurden allein seit dem 26. Juni 1650 bis Ende des Jahres 67 Friedensfeste im „Heiligen Römischen Reich deutscher Nation“gefeiert, bis 1660 sogar über 200 Friedensfeste in ganz Europa.
Der Westfälische Frieden leitet 1648 neue Ära ein
Im protestantisch geprägten Ernestinischen Sachsen – von Altenburg, Weimar, Gotha bis Coburg – kam die Friedenssehnsucht besonders stark zum Ausdruck. Der Gothaer Gründer- und Friedensfürst Ernst der Fromme legte in einem gedruckten „Fürstlichen Ausschreiben“den
11. und 12. August 1650, den neunten Sonntag und Montag nach Trinitatis für die Feierlichkeiten mit jährlicher Wiederholung fest.
Als hätte er in einer Vision vor späteren Kriegen warnen wollen, schildert er drastisch das menschliche Leid der gerade überstandenen Zeit: in der „manch herrliches Land verwüstet, und darbey viel hunderttausend, ja Millionen Christen … jämmerlich ertödtet, auch durch … Hungersnoth, Seuchen, Kälte, Frost und anderes Ungemach ums Leben kommen oder … durch Marter, Pein und Qual ohn Unterschied des Standes und des Alters unbarmhertzigerweise … geängstiget.“
Der namhafte Gothaer Historiker des ausgehenden 18. Jahrhunderts, Johann Georg August Galletti schilderte in seiner Geschichte des
Herzogtums Gotha 1779 den Ablauf der Friedensfeier: „Zu Gotha versammlete sich die Schuljugend vor dem Rathhause auf dem Markte und zog unter dem Klange musikalischer Instrumente nach der Augustinerkirche. Ihr folgten alle Stadtgeistlichen nebst den Schulcollegen, der Stadtrath und die ganze Bürgerschaft. Die um das (im Bau befindliche) Schloss aufgestellten Kanonen wurden abgefeuert … Der Herzog ließ zum Andenken große und kleine Geldarten austeilen und jedes Schulkind im ganzen Herzogthum bekam einen Groschen.“
Dies ist der 21 mm große Groschen mit Datum Gotha 11. Aug(ust) 1650 und der Wertangabe 1/24 Taler im „Reichsapfel“auf der Rückseite zugleich als Verweis auf reichsrechtlich vorgeschriebenen
Silbergehalt. Er ist zugleich die erste Prägung in der noch behelfsmäßig eingerichteten Münzschmiede im Erdgeschoss des Westflügels des Friedensteins, neben dem heutigen Eingang in die Ausstellungshalle. Wer ihn bekam, erhielt zur Erinnerung die zu befolgende christliche Programmatik mitgeliefert: „Gott den Herren lobt und ehrt, der den Frieden uns beschert / fördert seine Furcht und Ehr, sonst besteht er nimmermehr.“(I. B. als Zeichen des beauftragten Münzers Johann Braun).
In der 1987 erschienenen Geschichte der Münzstätte Gotha wurde für den Gothaer Friedensgroschen eine stattliche Auflage von 14.000 Exemplaren nachgewiesen, was sein Vorhandensein nicht nur in Museen und Münzkabinetten, sondern auch das gelegentliche Vorkommen im heutigen Münzhandel belegt. Das abgebildete Exemplar konnte privat vor wenigen Wochen in einer Leipziger Auktion erworben werden.
Das Pfingstfest auch als eine „Kultur des Friedens“zu begehen, wie es Papst Franziskus vorschlug, wäre ganz im Sinne der „Friedensstadt“Gotha, in der Ernst der Fromme 35 Jahre segensreich wirkte und die Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner („Die Waffen nieder“) eine Woche vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs starb und im Columbarium auf dem Hauptfriedhof ihre Ruhestätte erhielt.