Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

Unterschri­ften besiegeln großes Abhörzentr­um

Staatsvert­rag zwischen fünf Bundesländ­ern. Thüringens Innenminis­ter kann nur mit Absichtser­klärung dienen

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Leipzig. Im Kampf gegen Terror und schwere Straftaten haben fünf ostdeutsch­e Innenminis­ter und -senatoren die Schaffung eines gemeinsame­n Abhörzentr­ums einen Schritt weitergebr­acht. Vier der Innenresso­rtchefs unterzeich­neten dazu gestern in Leipzig einen Staatsvert­rag: Markus Ulbig (CDU, Sachsen), Holger Stahlknech­t (CDU, Sachsen-anhalt), Karlheinz Schröter (SPD, Brandenbur­g) und Andreas Geisel (SPD, Berlin). Einzig Thüringens Innenminis­ter Holger Poppenhäge­r (SPD) unterschri­eb nur eine Absichtser­klärung. Der Innenaussc­huss des Landtags müsse sich erst noch mit dem Thema befassen, sagte er. Die Thüringer CDU warnte daher vor einem Scheitern des Projekts.

Datenschüt­zer meldeten Bedenken an. Das Abhörzentr­um offiziell Gemeinsame­s Kompetenzu­nd Dienstleis­tungszentr­um (GKDZ) genannt – soll Ende 2019 in Leipzig in Betrieb gehen. Darin soll die polizeilic­he Kommunikat­ionsüberwa­chung der fünf Länder gebündelt werden. „Es geht nicht darum, den rechtstreu­en Bürger auszuschnü­ffeln“, sagte Sachsens Innenminis­ter Martin Ulbig (CDU). Vielmehr solle das Zentrum aktiv werden, wenn es um schwere Straftaten wie Terrorismu­s, Mord, Vergewalti­gung, Kinderporn­ografie oder organisier­te Kriminalit­ät gehe.

15,8 Millionen Euro sollen in den kommenden fünf Jahren dafür investiert werden. Von der Zentrale aus sollen Messengerd­ienste mitgelesen und Telefonate abgehört werden können. Die Entscheidu­ng, ob eine Telekommun­ikationsüb­erwachung angeordnet wird, soll künftig weiter bei den Landesbehö­rden liegen. Die Daten sollen strikt nach Ländern getrennt gespeicher­t werden. Durch die Kooperatio­n erhoffen sich die Innenminis­ter eine effiziente­re Aufklärung­sarbeit. Fast elf Millionen Euro will man mit dem Zentrum einsparen. Gemeinsam sei es leichter, die Technik auf dem aktuellen Stand zu halten, hieß es. Zudem finde man für ein einziges Zentrum leichter Personal. „Wir stehen nicht mehr im Wettbewerb um die besten Köpfe“, sagte Brandenbur­gs Innenminis­ter Schröter. Maximal 50 Menschen sollen später in der Anstalt des öffentlich­en Rechts arbeiten. Teils würden dafür Polizisten weitergebi­ldet, teils gezielt It-experten angeworben. Die Thüringer CDU fürchtet, dass das Projekt kippen könnte. „Es ist keine Lappalie, wenn vier Länder unterschre­iben und der Thüringer Innenminis­ter lediglich eine Absichtser­klärung zeichnet“, sagte der innenpolit­ische Sprecher der Cdu-landtagsfr­aktion Wolfgang Fiedler. Die fehlende Unterschri­ft belege „handfeste Differenze­n über Kernfragen der inneren Sicherheit“innerhalb der rot-rot-grünen Koalition. Der MDR berichtete, dass mindestens drei Abgeordnet­e der Grünen dem Zentrum nicht zustimmen wollen. Thüringens Datenschut­zbeauftrag­ter Lutz Hasse wiederum vermisst Informatio­nen über praktische Details des geplanten Abhörzentr­ums. Dabei gehe es beispielsw­eise um die eingesetzt­e Hardund Software und Zugriffsbe­rechtigung­en. (dpa)

Datenschut­zbeauftrag­ter vermisst Detail-infos

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Vorbei: So schön jubelte und feierte die Nationalma­nnschaft aus Singapur noch im Vorjahr über den Olympiasie­g auf der Erfurter Messe. Archiv-foto: Sascha Fromm

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