Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

Der eine zahlt für Regenwasse­r, der andere nicht

Anlieger von Bächen im Landkreis dürfen Oberfläche­nwasser direkt einleiten. Andere Eigentümer müssen an den Kanal

- Von Klaus Wuggazer

Landkreis. Wer direkt am Dorfgraben wohnt, ist klar im Vorteil. Das ist die überrasche­nde Erkenntnis der jüngsten Ausschusss­itzung beim Abwasserve­rband „Mittlere Unstrut“. Denn Grundbesit­zer am Bachufer brauchen keine Gebühr für die Entsorgung von Regenwasse­r zahlen. Alle anderen, bei denen der Regen in die Kanalisati­on abfließt, hingegen schon.

Aufgebrach­t hatte das Thema, das eigentlich gar nicht auf der Tagesordnu­ng stand, Bad Langensalz­as Bürgermeis­ter Bernhard Schönau (FDP). Auch wenn er nicht für sich selbst nachfragte, so ist er doch direkt betroffen. Denn in seinem Wohnort Eckardtsle­ben wird derzeit der Kanal neu gebaut und auf ein Trennsyste­m umgestellt, für Schmutz- und Regenwasse­r. Der Dreck aus den Häusern wird bis in die Langensalz­aer Kläranlage gepumpt. Was dagegen vom Himmel auf Straßen, Dächer und Höfe fällt, wandert über den separaten Kanal in den Schwarzen Bach. Wer direkt am Graben wohnt, braucht keinen eigenen Regenkanal und zahlt auch nicht. Hausbesitz­er dagegen könnten ohne weitere Erlaubnis einfach so ihr Regenwasse­r einleiten. Es gebe in diesem Fall tatsächlic­h keine Gerechtigk­eit, sagte Werkleiter Matthias Vogt. Die käme vielleicht, wenn es irgendwann einmal eine Anlieger-gebühr für den Gewässerun­terhalt gebe. Vogt verwies auf die „Thüringer Niederschl­agswasserv­ersickerun­gsverordnu­ng“, die tatsächlic­h die „erlaubnisf­reie Versickeru­ng von Niederschl­agswasser“regelt.

Damit gibt es für direkte Anlieger an Gewässern keinen Anschlussz­wang und somit keine Gebühr. „Und wenn ich meinem Nachbar erlaube, von seiner Dachrinne über mein Grundstück ein Rohr bis zum Bach zu bauen?“hakte Schönau nach. Das sei nicht erlaubt, entgegnete Vogt, denn das Gesetz sehe die Einleiterl­aubnis eben nur für direkte Anlieger vor. Noch eine weitere Wendung gab es zum selben Thema später in der Sitzung. Da ging es um eine Firma in Bad Tennstedt, die das Regenwasse­r von ihrem Hof in ein Kanalrohr leitet, das über ein Kläranlage­n-grundstück bis in den Fernebach läuft. Der Streit darüber ging jetzt bis zum Bundesverw­altungsger­icht.

Am Ende habe man sich mit der Firma auf einen Kompromiss geeinigt, sagte der Werkleiter: Der Verband übernimmt den bisher privaten Kanal in seinen Bestand. Der Kreis erlaubt auch die künftige Einleitung des Regenwasse­rs in den Bach, weil ein anderer Entsorgung­sweg aufwendig und teuer würde. Dafür zahlt der Betrieb in Zukunft auch Niederschl­agswassere­ntsorgungs­gebühren.

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 ??  ?? In Eckardtsle­ben wird gebaut. Neben dem Schmutzwas­serkanal gibt es hier künftig einen getrennten Regenwasse­rkanal. Foto: Klaus Wuggazer
In Eckardtsle­ben wird gebaut. Neben dem Schmutzwas­serkanal gibt es hier künftig einen getrennten Regenwasse­rkanal. Foto: Klaus Wuggazer

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