Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Der eine zahlt für Regenwasser, der andere nicht
Anlieger von Bächen im Landkreis dürfen Oberflächenwasser direkt einleiten. Andere Eigentümer müssen an den Kanal
Landkreis. Wer direkt am Dorfgraben wohnt, ist klar im Vorteil. Das ist die überraschende Erkenntnis der jüngsten Ausschusssitzung beim Abwasserverband „Mittlere Unstrut“. Denn Grundbesitzer am Bachufer brauchen keine Gebühr für die Entsorgung von Regenwasser zahlen. Alle anderen, bei denen der Regen in die Kanalisation abfließt, hingegen schon.
Aufgebracht hatte das Thema, das eigentlich gar nicht auf der Tagesordnung stand, Bad Langensalzas Bürgermeister Bernhard Schönau (FDP). Auch wenn er nicht für sich selbst nachfragte, so ist er doch direkt betroffen. Denn in seinem Wohnort Eckardtsleben wird derzeit der Kanal neu gebaut und auf ein Trennsystem umgestellt, für Schmutz- und Regenwasser. Der Dreck aus den Häusern wird bis in die Langensalzaer Kläranlage gepumpt. Was dagegen vom Himmel auf Straßen, Dächer und Höfe fällt, wandert über den separaten Kanal in den Schwarzen Bach. Wer direkt am Graben wohnt, braucht keinen eigenen Regenkanal und zahlt auch nicht. Hausbesitzer dagegen könnten ohne weitere Erlaubnis einfach so ihr Regenwasser einleiten. Es gebe in diesem Fall tatsächlich keine Gerechtigkeit, sagte Werkleiter Matthias Vogt. Die käme vielleicht, wenn es irgendwann einmal eine Anlieger-gebühr für den Gewässerunterhalt gebe. Vogt verwies auf die „Thüringer Niederschlagswasserversickerungsverordnung“, die tatsächlich die „erlaubnisfreie Versickerung von Niederschlagswasser“regelt.
Damit gibt es für direkte Anlieger an Gewässern keinen Anschlusszwang und somit keine Gebühr. „Und wenn ich meinem Nachbar erlaube, von seiner Dachrinne über mein Grundstück ein Rohr bis zum Bach zu bauen?“hakte Schönau nach. Das sei nicht erlaubt, entgegnete Vogt, denn das Gesetz sehe die Einleiterlaubnis eben nur für direkte Anlieger vor. Noch eine weitere Wendung gab es zum selben Thema später in der Sitzung. Da ging es um eine Firma in Bad Tennstedt, die das Regenwasser von ihrem Hof in ein Kanalrohr leitet, das über ein Kläranlagen-grundstück bis in den Fernebach läuft. Der Streit darüber ging jetzt bis zum Bundesverwaltungsgericht.
Am Ende habe man sich mit der Firma auf einen Kompromiss geeinigt, sagte der Werkleiter: Der Verband übernimmt den bisher privaten Kanal in seinen Bestand. Der Kreis erlaubt auch die künftige Einleitung des Regenwassers in den Bach, weil ein anderer Entsorgungsweg aufwendig und teuer würde. Dafür zahlt der Betrieb in Zukunft auch Niederschlagswasserentsorgungsgebühren.