Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Verkehrsberuhigte Zone – für viele die schnelle Abkürzung
Polizei kündigt mehr Kontrollen in der Marktstraße Großengottern an – Student schlägt sie als Studienobjekt vor
Großengottern. Der rote Transporter, der die Marktstraße mit deutlich mehr als Schrittgeschwindigkeit durchquert, hat ein fremdes Kennzeichen. Der Fahrer will nicht in die Andreasapotheke, nicht zur Physiotherapie, braucht keinen Haarschnitt, sucht kein neues Buch.
Auch die Passanten in der verkehrsberuhigten Zone sind ihm gleich, er braucht die Strecke wahrscheinlich nur als Abkürzung. Das jedenfalls, sagt der Kontaktbereichsbeamte (Kobb) Klaus-dieter Müller, sei ein bekanntes Problem auf Großengotterns Flaniermeile, die mitten im Einbahnstraßensystem der Bundesstraße 247 liegt.
„Einige kennen die Strecke und versuchen, aus Bad Langensalza kommend, über die Marktund Goethestraße an Lastwagen vorbeizukommen“, weiß Müller. Dazu kommen die Kunden der Geschäfte, die hier parken. Mittlerweile sei das Fahrzeugaufkommen ganztägig hoch, am schlimmsten im Berufsverkehr morgens und abends. „Wir haben das beobachtet und werden künftig stärker dagegen vorgehen.“
Mittwochmorgen kontrollierten Beamte mit einer Laserpistole das Tempo auf der Markstraße. Ist die Urlaubszeit vorbei und der Personalstand wieder auf Normalniveau, sollen die Kontrollen regelmäßiger werden, versicherte der Kobb.
Mehrere Autofahrer wurden in den anderthalb Stunden gestoppt, die meisten seien überrascht und einsichtig. „Dass sie in einer verkehrsberuhigten Zone nur vier bis sieben Kilometer pro Stunde schnell fahren dürfen, scheinen viele seit der Fahrschule vergessen zu haben“, sagt Christian Dietrich. Der 26-jährige hat sich deshalb mit einem Schreiben an Bürgermeister und Polizei gewandt und auf das Problem hingewiesen. Denn er ist doppelt sensibilisiert: als Anwohner und als Student für „Intelligente Verkehrssysteme und Mobilitätsmanagement“an der Fachhochschule (FH) Erfurt. Nächstes Jahr will er seinen Master ablegen, die Idee zu einem Thema hätte er schon. „Die Zone hier bietet sich als Studienobjekt an“, sagt der Student. Wenn es gewollt sei, reiche er die Verkehrsberuhigung in der Markstraße als einen seiner Themenvorschläge am Lehrstuhl ein. Zwar wurde hier mit der Sanierung in den Neunzigern schon einiges umgesetzt, aber offensichtlich reiche das nicht.
Deutlich unterscheide sich die gepflasterte Fahrbahnoberfläche etwa von der benachbarten Bundesstraße. Ein Schild weist auf die verkehrsberuhigte Zone hin und der Brunnen wurde so gebaut, dass eine gerade Durchfahrt unmöglich ist, erklärt Bürgermeister Thomas Karnofka (Freie Wähler). Unterschiedliche Pflaster lockern die Fläche visuell auf, wie die Bäume, die zudem die Fahrbahnbreite links und rechts einschränken.
„Unser Ordnungsamt kontrolliert außerdem die Parkordnung. Mehr können wir als Gemeinde nicht machen“, sagt der Bürgermeister, der auch von dem Problem weiß. „Wir können immer wieder nur an das Verständnis der Menschen appellieren und werden im nächsten Amtsblatt nochmals darauf hinweisen“, so Karnofka weiter.
Zumindest die Einheimischen erreiche man so, denn auch von ihnen fahren einige zu schnell hier durch, hat Christian Dietrich beobachtet. Selbst Laster machen keinen Halt. Das Pflaster habe bereits stark gelitten, ein Teilbereich sei gerade ausgebessert worden, so Dietrich weiter. Wolle man schlimme Unfälle verhindern, müsse man am Ende mehr zur Verkehrsberuhigung tun. In einer Studie würde er zunächst Anzahl, Zeit und Art der Fahrzeuge hier und in einer vergleichbaren Zone erfassen.
Nach Analyse und Auswertung stehen am Ende konkrete Vorschläge zur Verkehrsberuhigung. Möglichkeiten, auch kostensparende, gebe es viele, sagt der Student. Und die FH Erfurt nenne sogar ein solches Messgerät ihr eigen, das hier zum Einsatz kommen könnte. Klausdieter Müller sicherte seine Zusammenarbeit schon mal zu.
Brunnen und Bäume als Hindernisse