Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

Hier darf der Biber noch nagen

Das streng geschützte Tier wird in manchen Regionen Deutschlan­ds wieder geschossen. In Thüringen ist das anders

- Von Sebastian Haak

Erfurt. In Thüringen leben inzwischen wieder einige Hundert Biber, ohne, dass es zu größeren Konflikten zwischen Mensch und Tier gekommen ist. Das Umweltmini­sterium geht von einem Gesamtbest­and von rund 320 Exemplaren in etwa 80 Revieren aus. Die Saale sei bereits auf ihrer gesamten Länge in Thüringen vom Biber besiedelt, sagte ein Sprecher. Seit zehn Jahren ist der Nager wieder dauerhaft im Freistaat anzutreffe­n. Nach Angaben des Naturschut­zverbandes Nabu ist die Population im Vergleich zu anderen Bundesländ­ern noch immer unterdurch­schnittlic­h entwickelt. Neben dem Saalegebie­t siedelten die Tiere vor allem an der Werra und in Südthüring­en, berichtete der für das Biber-management in Thüringen zuständige Nabu-mitarbeite­r, Marcus Orlamünder. Sie breiteten sich stets langsam aus.

„Durch ihr strenges Reviersyst­em und die Bindung ans Gewässer, werden sich Biber nie ungebremst vermehren“, erklärte Orlamünder. Seien alle verfügbare­n Reviere besetzt, stagniere die Verbreitun­g und die Population sinke wieder.

Im Durchschni­tt lebten in Thüringen in einem Biber-revier drei bis vier Tiere. Dem Ministeriu­m zufolge wandern Biber derzeit zum Beispiel im Westen des Freistaats über Werra, Ulster und Felda sowie im Süden über Saale, Wisenta, Rodach, Kreck sowie Milz nach Thüringen ein.

Der Biber sei eine der wenigen Arten, die ihren Lebensraum selbst vergrößern könne, hieß es. Oftmals schaffe er aus wenig natürliche­n Gewässern durch „aktive Baumaßnahm­en“für sich und andere Arten ein lebenswert­es Biotop.

Das Umweltress­ort geht von einer positiven Bestandsen­twicklung aus. Nach übereinsti­mmenden Angaben von Ministeriu­m und Nabu kam es trotz der Ausbreitun­g der Tiere in den vergangene­n Jahren zu keinen gravierend­en Konflikten mit dem Menschen. Zwar habe es Nageschäde­n an Obstbäumen, jungen Waldbäumen sowie Feldfrücht­en in Gewässernä­he gegeben. Und in einem Fall sei ein von einem Biber angenagter Baum umgestürzt und habe einen Schuppen leicht beschädigt. Wildschwei­ne verursacht­en aber oft viel höhere Schäden. Um Problemen vorzubeuge­n, seien mitunter Bäume geschützt und Drainagen in Dämme eingebaut worden, erläuterte Orlamünder. Anders als beispielsw­eise in Bayern sind laut Ministeriu­m hierzuland­e keine Biber zum Abschuss freigegebe­n worden; das sei bisher nicht notwendig gewesen. In Bayern dagegen würden mit Ausnahmege­nehmigunge­n jährlich mehrere Tausend Biber getötet und oft verzehrt, sagte der Sprecher.

Abschussge­nehmigunge­n für Biber seien demnach dann denkbar, wenn durch die Nager erhebliche Schäden für die Wasserwirt­schaft drohten und sich kein milderes Mittel wie die Umsiedlung in ein anderes Revier anbiete. (dpa)

Der Biber

▶ Die streng geschützte­n Biber leben in Gewässern und Ufergebiet­en und sind dämmerungs- und nachtaktiv.

▶ Bekannt sind die Tiere vor allem dafür, dass sie Dämme bauen, mit denen sie selbst größere Gewässer anstauen können.

▶ Europäisch­e Biber werden inklusive Schwanz bis zu 135 Zentimeter groß und 36 Kilogramm schwer.

▶ In Freiheit beträgt ihre Lebenserwa­rtung rund 20 Jahre.

▶ Die Tiere ernähren sich vegetarisc­h:

▶ Im Sommer fressen sie Kräuter und Gräser, aber auch Feldfrücht­e wie Mais, Getreide und Zuckerrübe­n.

▶ Im Herbst und Winter stehen vor allem Rinde und Zweige weicher Hölzer wie Weiden und Pappeln auf ihrem Speiseplan.

Baumschutz und Drainage beugen Problemen vor

 ?? Foto: Patrick Pleul,dpa ?? Am Ufer einer überschwem­mten Wiese knabbert ein Biber die Rinde von Weidenäste­n ab.
Foto: Patrick Pleul,dpa Am Ufer einer überschwem­mten Wiese knabbert ein Biber die Rinde von Weidenäste­n ab.

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