Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Hier darf der Biber noch nagen
Das streng geschützte Tier wird in manchen Regionen Deutschlands wieder geschossen. In Thüringen ist das anders
Erfurt. In Thüringen leben inzwischen wieder einige Hundert Biber, ohne, dass es zu größeren Konflikten zwischen Mensch und Tier gekommen ist. Das Umweltministerium geht von einem Gesamtbestand von rund 320 Exemplaren in etwa 80 Revieren aus. Die Saale sei bereits auf ihrer gesamten Länge in Thüringen vom Biber besiedelt, sagte ein Sprecher. Seit zehn Jahren ist der Nager wieder dauerhaft im Freistaat anzutreffen. Nach Angaben des Naturschutzverbandes Nabu ist die Population im Vergleich zu anderen Bundesländern noch immer unterdurchschnittlich entwickelt. Neben dem Saalegebiet siedelten die Tiere vor allem an der Werra und in Südthüringen, berichtete der für das Biber-management in Thüringen zuständige Nabu-mitarbeiter, Marcus Orlamünder. Sie breiteten sich stets langsam aus.
„Durch ihr strenges Reviersystem und die Bindung ans Gewässer, werden sich Biber nie ungebremst vermehren“, erklärte Orlamünder. Seien alle verfügbaren Reviere besetzt, stagniere die Verbreitung und die Population sinke wieder.
Im Durchschnitt lebten in Thüringen in einem Biber-revier drei bis vier Tiere. Dem Ministerium zufolge wandern Biber derzeit zum Beispiel im Westen des Freistaats über Werra, Ulster und Felda sowie im Süden über Saale, Wisenta, Rodach, Kreck sowie Milz nach Thüringen ein.
Der Biber sei eine der wenigen Arten, die ihren Lebensraum selbst vergrößern könne, hieß es. Oftmals schaffe er aus wenig natürlichen Gewässern durch „aktive Baumaßnahmen“für sich und andere Arten ein lebenswertes Biotop.
Das Umweltressort geht von einer positiven Bestandsentwicklung aus. Nach übereinstimmenden Angaben von Ministerium und Nabu kam es trotz der Ausbreitung der Tiere in den vergangenen Jahren zu keinen gravierenden Konflikten mit dem Menschen. Zwar habe es Nageschäden an Obstbäumen, jungen Waldbäumen sowie Feldfrüchten in Gewässernähe gegeben. Und in einem Fall sei ein von einem Biber angenagter Baum umgestürzt und habe einen Schuppen leicht beschädigt. Wildschweine verursachten aber oft viel höhere Schäden. Um Problemen vorzubeugen, seien mitunter Bäume geschützt und Drainagen in Dämme eingebaut worden, erläuterte Orlamünder. Anders als beispielsweise in Bayern sind laut Ministerium hierzulande keine Biber zum Abschuss freigegeben worden; das sei bisher nicht notwendig gewesen. In Bayern dagegen würden mit Ausnahmegenehmigungen jährlich mehrere Tausend Biber getötet und oft verzehrt, sagte der Sprecher.
Abschussgenehmigungen für Biber seien demnach dann denkbar, wenn durch die Nager erhebliche Schäden für die Wasserwirtschaft drohten und sich kein milderes Mittel wie die Umsiedlung in ein anderes Revier anbiete. (dpa)
Der Biber
▶ Die streng geschützten Biber leben in Gewässern und Ufergebieten und sind dämmerungs- und nachtaktiv.
▶ Bekannt sind die Tiere vor allem dafür, dass sie Dämme bauen, mit denen sie selbst größere Gewässer anstauen können.
▶ Europäische Biber werden inklusive Schwanz bis zu 135 Zentimeter groß und 36 Kilogramm schwer.
▶ In Freiheit beträgt ihre Lebenserwartung rund 20 Jahre.
▶ Die Tiere ernähren sich vegetarisch:
▶ Im Sommer fressen sie Kräuter und Gräser, aber auch Feldfrüchte wie Mais, Getreide und Zuckerrüben.
▶ Im Herbst und Winter stehen vor allem Rinde und Zweige weicher Hölzer wie Weiden und Pappeln auf ihrem Speiseplan.
Baumschutz und Drainage beugen Problemen vor