Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Damit die Bilanz stimmt
Uwe Lehmann prüft seit über 20 Jahren angehende Bilanzbuchhalter
Die Wahl des richtigen Berufes ist eine der grundlegenden Entscheidungen im Leben eines jungen Menschen – aber auch mit die schwierigste, denn bundesweit sind derzeit 350 verschiedene Ausbildungsberufe im Angebot. Aus diesem Grund ist es ganz besonders wichtig, sich frühzeitig mit der Berufswelt auseinanderzusetzen und entscheidende Fragen im Vorfeld zu beantworten. In Kooperation mit der IHK Erfurt kommen Prüferinnen und Prüfer zu Wort, die über die Anforderungen in den jeweiligen Berufen und ihre ehrenamtliche Tätigkeit berichten.
Erfurt. Uwe Lehmann ist als freiberuflicher Dozent tätig – und das bereits seit 1993. Zu den Fachgebieten, die er schult, gehören externes Rechnungswesen, internes Rechnungswesen sowie Analyse der Jahresabschlüsse.
Schon früh begann er, sich neben dieser Tätigkeit auch als ehrenamtlicher Prüfer zu engagieren. Dabei sind neben den guten Fachkenntnissen, über die man als Prüfer ohnehin verfügen sollte, auch sehr gute pädagogische Kenntnisse und viel Einfühlungsvermögen in die Situation der Prüfungsteilnehmer vonnöten. Herr Lehmann nahm deshalb an speziellen, von der IHK angebotenen Schulungen teil und steht auch sonst in einem engen Kontakt mit den Mitarbeitern in den Bereichen Weiterbildung und Prüfungswesen der IHK.
Er sagt dazu: „Mein Bestreben war es, die Teilnehmer nicht nur in den Kursen, sondern auch in den Prüfungen zu begleiten. Ich übe, wie die meisten Prüfer in der Fortbildung, eine selbstständige Tätigkeit aus und unterrichte als freiberuflicher Dozent an der IHK Erfurt, der Uni Erfurt, der FH Jena, der Verwaltungsund Wirtschaftsakademie Thüringen und außerdem bei anderen privaten Bildungsträgern.“
Das ist sicherlich nicht einfach, nebenbei noch als Prüfer tätig zu sein, oder?
Das stimmt. Für die meisten unserer Prüfer ist es ein großer zeitlicher Aufwand neben der selbstständigen Tätigkeit. Wir würden uns deshalb auch einen stärkeren Zulauf von Prüfern aus der Wirtschaft wünschen und die IHK Erfurt versucht das auch unentwegt zu forcieren. Für unsere Prüfungsausschüsse wäre das eine tolle Verstärkung.
In welchen Fächern prüfen Sie denn speziell?
Ich bin sowohl in den Prüfungen zum Geprüften Bilanzbuchhalter tätig wie auch bei den Geprüften Betriebswirten und dem Geprüften Wirtschaftsfachwirt. Meine Fachgebiete sind hier insbesondere das „Nationale Rechnungswesen“, „Berichtswesen, Auswertung von Jahresabschlüssen“und „Kosten- und Leistungsrechnung“.
Beim Geprüften Bilanzbuchhalter: Wie müssen wir uns den Ablauf einer solchen Prüfung vorstellen?
Zum 1. Januar 2016 wurde dieser Abschluss neu geordnet. Deshalb haben wir zurzeit die Besonderheit, dass einige Teilnehmer noch Ihre Prüfung nach der bisherigen Rechtsverordnung beenden und sich bereits Teilnehmer nach der neuen Verordnung auf ihre Prüfung vorbereiten.
Nach der alten Verordnung besteht die schriftliche Prüfung aus sechs einzelnen Fächern, von Kosten- und Leistungsrechnung über Berichtswesen bis hin zu nationalen Jahresabschlüssen. Die Prüfungszeiten in den Fächern liegen zwischen 90 und 240 Minuten und der gesamte schriftliche Prüfungsbereich erstreckt sich über vier Tage.
Am Ende folgt eine mündliche Prüfung, die aus einer Präsentation und einem Fachgespräch besteht. In dieser Prüfung wählt man aus zwei Aufgabenstellungen eine Aufgabe aus, erhält eine Vorbereitungszeit von 30 Minuten zur Ausarbeitung und muss anschließend seine Lösung in Form einer 15-minütigen Präsentation darstellen. Daran schließt sich ein Fachgespräch von 30 Minuten an.
Spätestens ab 2019 werden wir dann nur noch nach der neuen Verordnung prüfen. Hier wird es dann im schriftlichen Teil drei handlungsorientierte Aufgabenstellungen geben. Für jede Aufgabenstellung ist ein eigener Prüfungstag vorgesehen. Sie sehen also: Die Prüfung ist sehr anspruchsvoll und wird es auch bleiben. Eine Prüfung ist immer eine besondere Situation. Sicher sind viele Teilnehmer aufgeregt? Meine Kollegen und ich sind bereits lange Jahre als Prüfer tätig und erkennen sofort, in welcher Verfassung ein Teilnehmer ist, gerade bei der mündlichen Prüfung. Diese beginnt ja mit einer Vorbereitungszeit, die unter Aufsicht erfolgt und wir achten hier bereits darauf, dass die Aufsicht mit viel Fingerspitzengefühl für den einzelnen Teilnehmer erfolgt. Zudem versuchen wir, den Beginn jeder mündlichen Prüfung mit einer freundlichen Atmosphäre zu begleiten.
Was uns zusätzlich zugute kommt ist, dass wir viele Teilnehmer durch die Weiterbildungsmaßnahmen bereits kennen und sie uns. Das hilft, Hürden abzubauen. Unabhängig davon muss natürlich jeder Teilnehmer sehr gute fachliche Kenntnisse nachweisen, wenn er die Prüfung bestehen will. Allein schon die beruflichen Anforderungen setzen hier hohe Maßstäbe auch für die Prüfung.
Wie kann man sich auf die Prüfungen vorbereiten?
Eine gute Vorbereitung für die schriftlichen Prüfungen sind Crash-kurse, die von den verschiedensten Bildungsträgern angeboten werden. Häufig kommen hier ehemalige Prüfungsaufgaben zum Einsatz, die man ja nach Ablauf der offiziellen Prüfungen für Übungszwecke kaufen kann. Für den mündlichen Prüfungsteil sollte man sich die Zeit nehmen, um anhand von Beispielen die eigene Präsentation von 15 Minuten zu üben und sich vorab Gedanken über die zu verwendenden Medien wie Folien oder White Board machen. Gerade das gemeinsame Üben mit anderen Teilnehmern halte ich hier für sehr wichtig, ebenso wichtig, wie die richtige Auswahl der geeigneten Präsentationsmedien.