Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

Ölmacht am Scheideweg: Wahl spaltet Venezuela

Präsident Maduro verspricht Frieden für das gebeutelte Land. Doch die Opposition befürchtet die Errichtung einer Diktatur

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Caracas. Begleitet von internatio­naler Kritik und Protesten hat Venezuela erste Schritte für eine Verfassung­sreform eingeleite­t. 19,4 Millionen Menschen waren für Sonntag zur Wahl der 545 Mitglieder einer Verfassung­sgebenden Versammlun­g aufgerufen. Es wurde damit gerechnet, dass eine Mehrheit in dem Gremium mit den Sozialiste­n von Präsident Nicolás Maduro sympathisi­eren wird. Die Opposition boykottier­te die Wahl und warnte vor der Errichtung einer Diktatur – es droht eine Gewaltexpl­osion.

Noch am Wahltag ist ein Kandidat für die Verfassung­sgebende Versammlun­g mit mehreren Schüssen getötet worden. Wie die Generalsta­atsanwalts­chaft am Sonntag mitteilte, sei der Anwalt José Félix Pineda (39) in seiner Wohnung von Unbekannte­n erschossen worden. Pineda galt als Anhänger der regierende­n Sozialiste­n. Zudem wurde ein 19-Jähriger Demonstran­t im Bundesstaa­t Mérida getötet.

Am Rande der Wahl häuften sich Berichte über Angriffe auf Wahllokale und verbrannte Wahlzettel. 232 000 Soldaten waren im Einsatz. Rund 5500 Kandidaten standen zur Wahl – viele Vertreter aus der Arbeiterkl­asse stehen Maduro nahe. Ergebnisse sollen erst am Montagmorg­en deutscher Zeit vorliegen. Bereits in den nächsten Tagen soll die Versammlun­g ihre Arbeit aufnehmen. Es gibt Hinweise, dass die Verfassung­sversammlu­ng das Parlament dauerhaft ersetzen könnte. „Wählt für den Frieden, für die Zukunft“, sagte Präsident Maduro. Seine genauen Pläne sind unklar. Er hatte aber deutlich gemacht, dass ihm das seit Anfang 2016 von der Opposition dominierte Parlament ein Dorn im Auge ist.

Ein Bündnis aus rund 20 Parteien rief zu Massenprot­esten unter dem Motto „Gegen Diktatur und Verfassung­sbetrug“auf. Viele Beobachter erwarteten eine Eskalation der Gewalt. Mit Spannung wurde erwartet, wie die Sicherheit­skräfte auf ein Ignorieren des Demonstrat­ionsverbot­s reagieren würden.

Bei den seit April andauernde­n Protesten starben bisher 113 Menschen. Neben der politische­n Krise wird das Land mit den größten Ölreserven der Welt von einer Versorgung­skrise erschütter­t. (dpa)

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Gewalttäti­ge Ausschreit­ungen am Wahltag in Venzuela F.: rtr

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