Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Vettel geht mit Sieg in die Ferien
Der Ferrari-pilot gewinnt in Ungarn dank einer Stallorder. Mercedes geht einen überraschend anderen Weg
Budapest. Was zum Spaziergang für Ferrari zum Sieg werden sollte, war am Ende ein Hindernislauf: Doch mit einem schiefen Lenkrad triumphierte Sebastian Vettel beim Großen Preis von Ungarn vor seinem Teamkollegen Kimi Räikkönen – auch dank der Ferrari-stallorder. Mercedes blieb jedoch beim Fairplay, denn kurz vor dem Zielstrich durfte Valtteri Bottas wieder an Lewis Hamilton vorbeiziehen und Dritter werden, nach dem dieser keine Chance mehr auf den Erfolg hatte. Eine bemerkenswerte Geste, mit dem sich die Formel 1 in die Sommerpause verabschiedete – mit einem wieder souveräneren Wm-spitzenreiter Vettel.
Räikkönen spielt den Bodyguard
„Ich bin auf Wolke sieben, es war ein ganz, ganz schwieriges Rennen“, gestand Sebastian Vettel, der vier Rennen auf seinen 46. Karrieresieg gewartet hatte. „Aber ich hatte alle Hände voll zu tun, als plötzlich das Lenkrad wegkippte. Das ist schon ein komisches Gefühl.“In der Wmwertung führt Vettel jetzt mit 202 Punkten vor Hamilton (188) und Bottas (169). Kimi Räikkönen wird für seinen neuerlichen Verzicht auf den Sieg wohl demnächst mit einer Vertragsverlängerung belohnt. Der Finne kommentierte gewohnt ausdruckslos: „Natürlich hätte ich gern gewonnen, aber wir haben Ferrari vorne gehalten...“Bottas war da schon etwas freundlicher: „Vielen Dank an Lewis, dass er das Versprechen gehalten hat...“Hamiltons Reaktion: „Ich habe hart gearbeitet für meine Position, da ist es schwer, sie wieder herzugeben. Aber es ist das Richtige, ich hatte dem Team mein Wort gegeben.“
Nach 618 Metern war zunächst alles gelaufen wie erwartet: Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen blieben aus der ersten Startreihe vor dem Rest. Sebastian Vettel konnte sich in seinem 50. Grand Prix für Ferrari nach dem ersten Renndrittel seines Sieges schon fast sicher sein, bis er einen verhaltenen Funkspruch absetzte: „Mein Auto zieht nach links.“Auf der Geraden sah man, wie schief er sein Lenkrad halten musste, damit der Ferrari in der Spur blieb. Ferrari-teamchef Maurizio Arrivabene konnte seinem führenden Mann nur in sofern helfen, dass er Vettel künstlich vorne hielt – der schnellere Kimi Räikkönen musste als Zweiter den „Bodyguard“spielen.
Da Hamilton reichlich Boden auf seinen Teamkollegen Valtteri Bottas gutgemacht hatte, kam auch Mercedes-teamchef Toto Wolff in die Bredouille, noch vor dem Start hatte er eine Stallorder abgelehnt. Doch die Ferrariprobleme zwangen ihn dazu.
Durch einen „strategischen Verbremser“ließ Bottas seinen deutlich schnelleren Teamkollegen Hamilton passieren, damit dieser den langsameren Vettel jagen konnte. Da Vettel aber einfach nicht an dem auf Rang zwei fahrenden Räikkönen vorbeikam, gab der Engländer die Position auf der Zielgeraden wieder an Bottas zurück. Eine faire Geste, die am Ende den Ausgang dieser Weltmeisterschaft entscheiden kann – und die wohl für mehr (interne) Diskussionen sorgen wird, als es eine Stallorder getan hätte. Mercedesteamchef Wolff aber bleibt seiner Maxime treu: „Auf den ersten Blick wirkt das vielleicht naiv, aber diese Fairness hat uns drei Titel gewinnen lassen.“