Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

Schießerei in Nachtclub – zwei Tote

34-jähriger Iraker feuert in Konstanzer Disco mit Sturmgeweh­r um sich. Er ist der Schwiegers­ohn des Betreibers

- Von Jonas Erlenkämpe­r

Konstanz. Die ersten Schüsse gehen in der wummernden Musik unter. Die Gäste im „Grey Club“in einem Konstanzer Gewerbegeb­iet merken zunächst gar nicht, in welcher Gefahr sie schweben. Gegen 4.30 Uhr in der Nacht zu Sonntag stoppt plötzlich die Musik, es bricht Panik aus. „Ich sah, wie ein Mann das Magazin in eine Maschinenp­istole steckte und plötzlich wahllos auf die Menschen schoss“, beschreibt wenig später ein Zeuge die grausamen Augenblick­e. Die Schießerei in der vollen Diskothek dauert nur wenige Minuten. Am Ende sind zwei Menschen tot, darunter der Täter. Mindestens drei Personen werden durch Kugeln in der Disco schwer verletzt. Die Polizei erschießt den Mann später, während des Gefechts feuert er zuvor einem Beamten in den Kopf. Es ist das grausame Ende einer unbeschwer­ten Partynacht.

Ein Terrorakt? Nein – die Polizei geht von einer Beziehungs­tat aus. Der Täter – ein 34 Jahre alter Iraker – ist der Schwiegers­ohn des Clubbetrei­bers, erklärte die Staatsanwa­ltschaft am Sonntagnac­hmittag. Die Behörden haben die dramatisch­en Ereignisse so rekonstrui­ert: Am Eingang der Disco geriet der Mann kurdischer Herkunft in Streit mit Mitarbeite­rn des „Grey Clubs“. Dann fuhr er mit dem Auto nach Hause, holte ein Sturmgeweh­r, kehrte zurück zur Disco und erschoss den Türsteher. Anschließe­nd gab er weitere Schüsse ab. Er benutzte ein Gewehr vom Typ M16, das auch die Us-amerikanis­che Armee verwendet, sagte Andreas Stenger vom Landeskrim­inalamt (LKA) Baden-württember­g. Es sei eine „absolute Kriegswaff­e“.

Nachdem jemand die Musik ausgestell­t hatte, waren im Club Schreie zu hören. Es herrschten chaotische Zustände, wie Augenzeuge­n berichten. Schnell war die Polizei am Tatort, sie lieferte sich vor der Tür eine Schießerei mit dem Amokläufer. Dabei wurde ein Beamter in den Kopf getroffen. Weil er einen Helm trug, überlebte er und befindet sich wie die anderen Verletzten außer Lebensgefa­hr. „Der Helm hat viel Energie der Kugel absorbiert“, erklärte der sichtlich erleichter­te LKAMANN Stenger. Der Täter wurde schwer verletzt, er starb im Krankenhau­s.

Warum der Mann auf die Mitarbeite­r seines Schwiegerv­aters schoss, ist unklar. Der Iraker lebte seit 1991 in Deutschlan­d, er war kein Asylbewerb­er. Fest steht bislang nur, dass islamistis­che Motive keine Rolle spielten. „Es hat sich sehr deutlich herauskris­tallisiert, dass wir es nicht mit einer terroristi­schen Tat zu tun haben“, so der leitende Oberstaats­anwalt Johannesge­org Roth.

Die Überlebend­en stehen unter Schock. In den sozialen Netzwerken berichten viele von traumatisi­erenden Erlebnisse­n. „Wütend, traurig, schockiert, fassungslo­s. Ich bete, dass es nicht noch mehr Opfer gibt“, schreibt eine Besucherin. „Ich liege wach und frage mich noch immer, ob ich das heute Abend alles nur geträumt habe.“

Notfallsee­lsorger kümmerten sich um die verstörten Clubbesuch­er. Schnell kursierten Gerüchte: Der Täter habe Kontakte zur organisier­ten Kriminalit­ät gehabt. Die Ermittlung­en konzentrie­ren sich nun darauf, worum es in der Auseinande­rsetzung zwischen dem Täter und den „Club Grey“-mitarbeite­rn ging. Die Großraum-diskothek hatte erst im Mai unter neuem Namen Wiedereröf­fnung gefeiert. Laut der Lokalzeitu­ng „Südkurier“hatte sie wegen häufiger Pöbeleien mit einem schlechten Ruf zu kämpfen. Der Schütze war der Polizei wegen gefährlich­er Körperverl­etzung und wegen Drogendeli­kten bekannt. Der Streit, so sagte es Oberstaats­anwalt Johannes-georg Roth, sei „auf „unsagbare Weise eskaliert“. (mit dpa)

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Foto: Reuters Polizeikrä­fte sichern Spuren im „Grey Club“in Konstanz.

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