Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Fotografin will mit Hanf den Samen für eine neue Welt legen
Die 38-Jährige widmet der Nutzpflanze ihren vierten Bildband und plant ein Versuchsfeld in Bad Langensalza
Bad Langensalza. Die Fotografin Maren Krings ist auf den Spuren des Hanfs. Rund um den Globus reist sie für ihren neuen Bildband, mit dem sie aufklären möchte über die älteste Nutzpflanze der Erde. Den Titel „Hanf: Samen für eine neue Welt“nimmt die 38-Jährige sogar wörtlich. In Bad Langensalza will sie die Pflanze auf einem Experimentierfeld anbauen.
Hanf ist nicht nur Droge, sondern auch Baustoff, Nahrungsmittel, Kleidung, Papier, Kosmetik, Medizin oder Dünger. Maren Krings war bei einem Fotoauftrag bei einem Hanfbauer in Südtirol auf die Pflanze gestoßen. „Ich war sprachlos“, erinnert sich die Künstlerin, die ihren Hauptwohnsitz in Bad Langensalza hat.
Der dortige Hanfbauer stellt aus einer Mischung aus Kalk und Hanf sogenannte Ziegel her. So werden in dem italienischen Landstrich die Bausteine bezeichnet, aus denen Häuser gebaut werden. Das Material gilt inzwischen als Baustoff der Zukunft, da es für ein gutes Raumklima sorgt. Je nach Wetter kann es Feuchtigkeit auf- oder abgeben, ist antiseptisch und schimmelt nicht. „Weil ich sehr skeptisch bin, habe ich begonnen selbst zu recherchieren“, berichtet Maren Krings.
Ihre Nachforschungen führten sie bisher unter anderem nach Island, Frankreich, Italien, die Schweiz und in die Niederlande. Sie besuchte Menschen, Initiativen und Projekte. Bei denen erfuhr sie, dass das Wissen von einst verloren gegangenen ist und nun langsam wiederentdeckt wird.
Wikinger-häuptlinge mit Hanfsamen beerdigt
Als sie sich mit der Geschichte des Hanfs auseinandersetzte, fand sie eine Vielzahl von interessanten Details heraus. So hatte Ötzi, die in den Ötztaler Alpen gefundene Gletschermumie, Hanfsamen dabei. „Und die höher gestellten Wikinger sind mit Hanfsamen begraben worden“, erzählt Krings. Dass Hanf dann verboten wurde, sei von Amerika ausgegangen.
Ein Grund war, dass Baumwoll-, Papier- sowie Petrol- und Synthetikindustrie auf den Markt drängten. Ausschlag für das Verbot gab auch die berauschende Wirkung des Tetrahydrocannabinol, kurz THC. Denn der THC-HANF ist auch als Marihuana bekannt. Alle anderen Eigenschaften gerieten in Vergessenheit, obwohl der Nutzhanf kaum THC enthält – nämlich nur 0,02 Prozent.
Am meisten begeisterte Krings bei ihrer Recherche, wie wertvoll Hanf für die Nahrungskette sein kann. „Man braucht keine Pestizide und Düngestoffe beim Anbau“, sagt sie. „Außerdem lockert Hanf die Böden und ist damit gut für die Renaturierung.“Auch die Wachstumsphase sei mit 120 Tagen sehr kurz. „Hanf wäre als Wechselpflanze für die Monokultur in Thüringen bestens geeignet“, ist Maren Krings sicher.
Die Fotografin ist jemand, der alles selbst ausprobieren will. Deshalb plant sie, in Bad Langensalza ein Versuchsfeld anzulegen. Gern hätte sie schon in diesem Jahr begonnen, doch die Pflanzzeit ist bereits vorbei. Außerdem ist das Prozedere aufwendig. Die Samen müssen beantragt und angemeldet werden. „Deswegen klappt die Umsetzung erst im nächsten Jahr“, so Krings. Die Ernte soll dann ein richtiges Event werden, bei dem über die Pflanze und ihre Nutzmöglichkeiten informiert wird.
Daher will sich Maren Krings zunächst ihrem Buch widmen, das ihr viertes sein wird. Per Crowdfunding – übersetzt: Gruppenfinanzierung – will sie das Projekt bezahlen. In den letzten beiden Septemberwochen soll die Kampagne starten. Ihr Traum war es, die gesamte Auflage auf Hanfpapier drucken zu lassen. Doch das ist zu teuer. Dennoch möchte sie einige Exemplare so herstellen lassen. Der Preis wird wohl bei mehreren hundert Euro liegen. „Die werden dann für diejenigen, die das kaufen, echte Unikate sein“, informiert die Fotografin.
„Es ist Zeit, dass man sich dem Hanf wieder widmet“, sagt die 38-Jährige, der Nachhaltigkeit sehr am Herzen liegt. Sie will nicht die Gefahren von Marihuana herunterspielen, sondern für Aufklärung sorgen. Denn Maren Krings ist sicher, dass die Pflanze das Eintrittsticket in eine neue Welt ist.