Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
„Ohne Ehrenamt läuft auch in der Kirche viel weniger“
Der 62-jährige Michael Nagler gehört in der evangelischen Gemeinde in Thamsbrück zu den Unermüdlichen. Sonntag Treffen der Ehrenamtler
Thamsbrück. Der Pfarrer ist seit zwei Jahren nicht mehr jeden Tag vor Ort. Damals, 2016 im Mai, ging Siegfried Melzer in den Ruhestand. Nach knapp vier Jahrzehnten begann eine neue Ära. „Bis dahin war vieles eingespielt, ist der Pfarrer immer vornweg gegangen. Dann waren wir als Kirchgemeinde auf einmal gefordert, mussten selbst denken und handeln“, erinnert sich Michael Nagler. Der 62-Jährige ist der Vorsitzende des Gemeindekirchenrats in Thamsbrück. Mehr denn je ist Mitmachen gefordert, vor allem im Ehrenamt: „Wenn keiner mitzieht, dann können wir hier gleich zuschließen.“
Das steht aber nicht zur Debatte. Im Gegenteil. Die Thamsbrücker stecken jede Menge Energie in den Umbau ihrer Kirche, wo jetzt all das stattfinden muss, wofür es einst das Pfarrhaus gab, das inzwischen verkauft ist. Sanitäre Anlagen sind eingebaut, die Sakristei wird zur Winterkirche umfunktioniert, und ein Gemeinschaftsraum mit Küchenzeile entsteht.
Ende Oktober wollen die Firmen ihre Arbeit beendet haben. Vieles haben die Thamsbrücker selbst erledigt und so eine Stange Geld gespart. 200 Gemeindeglieder zählt man hier – den aktiven Kern stellt aber nur ein Bruchteil. Davon jedoch bringe sich jeder ein so gut er kann und mit dem was er kann.
Nagler wuchs als katholischer Christ auf, war Messdiener – und der beste Freund des evangelischen Superintendenten in Bad Langensalza. „Bei uns gab es also schon immer Ökumene.“ Später sei er zum Protestantismus konvertiert. Mittlerweile gestaltet er in den Gottesdiensten von Pfarrer Dirk Vogel auch mal die Lesung. Dankbarkeit sei es, die ihn erfüllt, weil er gesund ist, denn: „Wir sind nicht Herr über Zeit und Gesundheit“.
Ehrfurcht habe er vor der Schöpfung. Wenn er allein im Garten sitze, dann könne er ausgiebig mit Gott reden, beten. „Dann weiß ich, dass es diese Sphäre gibt“, sagt Nagler, der sich selbst als nachdenklich charakterisiert. Dazu passt auch ein Satz wie: „Wir wissen, dass die Demografie gegen uns als Kirchengemeinde ist, schließlich gibt es nur zwei junge Familien mit Kindern in der Gemeinde. Aber dennoch stecken wir unsere Kraft in die Kirche.“
Die Antwort auf die Frage nach dem Warum ist schnell gefunden: „Auch wenn es in 30 oder 50 Jahren keine evangelische Gemeinde mehr in Thamsbrück geben sollte, dann wird die Kirche weiter genutzt. Denn den Thamsbrückern ist das älteste Haus in ihrer Stadt wichtig.“
Musikkabarett zum Glauben
Auch an vielen anderen Stellen in der Kirche engagieren sich Menschen ehrenamtlich – vom Kirchengemeinderat bis zur Unterhaltung von Gebäuden, zur Kirchenmusik oder zur „Offenen Kirche“. Um ihnen zu danken und Gelegenheit zum Austausch zu geben, lädt der Pfarrbereich Bad Langensalza am Sonntag, um 15 Uhr, in die Bergkirche. Laut Pfarrer Dirk Vogel werden über 100 Gäste erwartet.
Neben Kaffee und Kuchen, gemeinsamem Singen und Beten gibt es dann auch das außergewöhnliche Musikkabarett„duo Camillo“. Fabian Vogt und Martin Schultheiß spüren in ihrem Programm besonders gern den Spielarten des Glaubens nach.
Michael Nagler selbst wird am Sonntag aber nicht dabei sein. Er ist zum Wandern in der Sächsischen Schweiz.