Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Radfahrer-verband sieht neues Radwege-konzept als Rückschritt
Landesregierung verteidigt das Papier und sieht die Schuld für Versäumnisse bei Landkreisen und Kommunen
Zella-mehlis. Die Interessenvertretung der Thüringer Fahrradfahrer kritisiert das neue Radverkehrskonzept der Landesregierung und wertet es als Rückschritt gegenüber dem Konzept von 2008 aus der Zeit der Cdu-alleinregierung.
„Das Konzept ist weniger konkret als sein Vorgänger und aus Sicht von Lobbyisten unbefriedigend“, sagte der langjährige Landesvorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC), Friedrich Franke, bei einer Diskussionsveranstaltung am Wochenende. Das Treffen in Zella-mehlis stand unter dem Motto „Zukunft des Radverkehrs in Thüringen – Eine Prognose anhand des neuen Radverkehrskonzepts“.
Die verkehrspolitischen Ziele, die sich Rot-rot-grün selbst gesetzt hat, seien mit dem so genannten Radverkehrskonzept 2.0 voraussichtlich nicht realisierbar, prognostizierte Franke. Die grundsätzliche Fehlentscheidung bestehe darin, dass die Landesregierung im neuen Konzept auf ein eigenes Bauprogramm für Radwege an Bundesund Landstraßen verzichte.
Dabei waren die verkehrspolitischen Ziele der Landesregierung vergleichsweise niedrig gesteckt: Bis 2025 sollte der Anteil der Radfahrer an allen Verkehrsteilnehmern zwölf Prozent betragen und 15 Prozent im Jahr 2030. Vor zehn Jahren lag der Anteil bei sechs Prozent, bundesweit fast der schlechteste Wert.
Ein Rückschritt auf dem Weg zu einem attraktiveren Radlerland sei auch, dass die Stelle des Landesradwegewarts gestrichen wurde, monierte Franke. Wegewart Matthias Unbehaun habe viele Jahre die Beschaffenheit der Radwege persönlich getestet und damit einen wichtigen Beitrag zum Qualitätsmanagement geleistet. Neuerdings gibt es eine Radwegekoordinatorin, die am grünen Tisch agiert.
Als Vertreter der Landesregierung verteidigte Infrastrukturstaatssekretär Klaus Sühl das Radverkehrskonzept. Für Defizite beim Radwegebau sei nicht die Regierung verantwortlich. „Wir haben dafür mehr Geld, als wir vernünftigerweise ausgeben können. Aber Kommunen und Landkreise sind ignorant beim Radwegebau“, so Sühl.
Adfc-vertreter Franke teilt die Analyse zwar in Teilen, aber mit Blick auf das Radverkehrskonzept 2.0 wundert sich der Jurist: „Das Land erwartet in dem neuen Konzept, dass die Kommunen ihr Interesse an Radwegen bekunden. Aber für die Kommunen haben Radwege vielfach keine Bedeutung.“Frankes Erklärung: „Radfahren ist kein Thema, mit dem man Wahlen gewinnen kann.“