Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Werben um Abiturienten oft vergeblich
Handwerk bedauert mangelnde Förderung
Rudolstadt. Vor einem dramatischen Arbeitskräfte-mangel im Handwerk hat der Präsident der Handwerkskammer für Ostthüringen, Klaus Nützel, gewarnt. Am Rande des „Tages des Handwerks 2018“am Sonnabend in Rudolstadt erklärte Nützel: „Wir erleben im technischen Dienstleistungsbereich in den nächsten Jahren eine Katastrophe!“
In dem Zusammenhang sprach der Kammer-präsident von einem „Akademisierungswahn“und fragt: „Wer braucht denn die vielen Psychologen?“Und weiter: „Wenn Ihre Heizung kalt wird: Holen Sie dann einen Psychologen?“Aus der Sicht Nützels hätte die Politik schon vor Jahren reagieren müssen. Das Handwerk sei „oft nicht ernst genommen worden“. Es müsse eine „Gleichwertigkeit“zur akademischen Bildung hergestellt werden. Ein Hochschul-studium sei immer noch kostenfrei, eine Meister-ausbildung dagegen kostenpflichtig. Nützel: Würde das geändert „haben wir auch wieder mehr Meister, die Lehrlinge ausbilden können.“Doch der Arbeitsmarkt werde reagieren: „Bald verdient ein Handwerker drei Mal mehr als ein Akademiker“, versichert Nützel.
Der Kammer-präsident weiß indes auch um die immer höher werdenden Wissens-anforderungen im Handwerk. Aus diesem Grund bedauert er die aus seiner Sicht mangelnde politische Unterstützung für die Zusammenarbeit des Handwerks mit den Gymnasien. Das werde finanziell nicht mehr gefördert; „wir sind da außen vor gehalten worden“. Die Verbindung der Schule mit der Arbeitswelt müsse laut Nützel „früh gestärkt werden“. Mit konkretem Blick auf die Thüringer Landesregierung kritisiert Nützel die bisherigen Regelungen zum „Azubi-ticket“in Nahverkehr.
Im Oktober starte ein einjähriger Probelauf, doch es herrsche „ein Wirr-warr“. Problematische Randgebiete seien „abgehängt“. Benötigt werde „eine richtige Landesregelung“für das gesamte Land.