Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Therapie für Straftäter zwischen dicken Mauern und Stacheldraht
Seltene Einblicke in Klinik für forensische Psychiatrie am Hainich-klinikum. Premiere für Theaterstück von Patienten
„Die Luft ist raus.“
Kirchheilingens Bademeister Jan Behner über eine erfolgreiche, aber anstrengende Badesaison Maik Böttcher (48), selbstständiger Maurer aus Kleinbrüchter: Mit Frau und Tochter, Traktor und Wohnwagen war ich das gesamte Wochenende beim Landmaschinentreffen in Allmenhausen. Das war für uns nach der Teilnahme an sechs Traktorentreffen in diesem Jahr der Saisonabschluss. Allerdings fahre ich weiter Traktor, denn wir betreiben noch eine kleine Landwirtschaft.
Foto: Dirk Bernkopf Mühlhausen. Die Turnhalle des Maßregelvollzugs ist zur Theaterbühne geworden. Der 26 Jahre alte Dominic füllt die Rolle in der Inszenierung voll aus. Er ist der Panther im Käfig, der sich, frei nach dem gleichnamigen Rilke-gedicht, nach nichts mehr sehnt, als der Freiheit.
Doch die wird es nach Ansicht des Gerichtes für Dominic in absehbarer Zeit nicht geben. Der junge Mann hat einen Menschen fast tot geschlagen. Deshalb ist er seit 20 Monaten im Maßregelvollzug – hinter dicken Mauern und hohen Zäunen mit Stacheldraht. Seine Chancen, auf juristischem Weg dort raus zu kommen, schätzt Dominic selbst als eher gering ein. Was bleibt, ist die Therapie. „Das wird ein langer Weg“, sagt Dominic. Zum Zeitpunkt der Tat habe er an einer Psychose, ausgelöst durch Drogen, gelitten.
Fünf Tage lang haben er und ein Dutzend der insgesamt 111 Patienten der Klinik für Forensische Psychiatrie, dem Maßregelvollzug, unter Anleitung des Schauspielers und Theatertherapeuten Ali Murtaza zwei Bühnenstücke einstudiert. Am Samstag war Premiere vor Publikum zum Tag der offenen Tür der Klinik unter dem Dach des Ökumenischen Hainich-klinikums (ÖHK) in Pfafferode. Hierher kommen kranke Menschen, die schwere Straftaten begangen haben und eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen, erklärt Chefärztin Barbara Werneburg. Darunter seien etwa ein Drittel mit akuten Psychosen – Menschen, die im Wahn etwa einen anderen schwer verletzt oder gar getötet haben, so die Medizinerin. Die Zahl derer, die dabei eine Vorgeschichte in Sachen Drogen mitbringe, steige.
Ein weiteres Drittel der Patienten im Maßregelvollzug seien intelligenzgeminderte Menschen, unter denen es viele mit einem mangelnden Unrechtsbewusstsein gebe. Darunter fallen auch häufig Sexualstraftäter. Deren Behandlung ist lang und schwierig, weiß Werneburg. Sie sind am längsten im Maßregelvollzug, besagt die Statistik. Eine dritte Gruppe sind Patienten mit einer Persönlichkeitsstörung. Das trifft oftmals auf Jugendliche zu, die aus einem schwierigen, von Drogen- und Alkoholkonsum geprägten Elternhaus kommen. 16 jugendliche Patienten sind derzeit im Maßregelvollzug des ÖHK.
Ein wichtiger Ansatz bei der Therapie der Patienten sei die medikamentöse Behandlung, sagt Werneburg. Diese schaffe die Grundlage für alle anderen Therapieformen, die im Haus angeboten werden. Dazu gehört die Ergotherapie aber auch die Klinikschule, die den jugendlichen Patienten am Ende einen schulischen Abschluss ermöglicht mit der Chance auf eine spätere Ausbildung.
Drei Einrichtungen für den Maßregelvollzug gibt es in Thüringen, neben der in Mühlhausen noch in Hildburghausen und Stadtroda. Dabei hat Mühlhausen die Spezialabteilung für Jugendliche und junge Erwachsene. Die wichtigsten Aufgaben der Klinik sind die gesicherte Unterbringung, Behandlung und soziale Wiedereingliederung. Zielsetzung ist dabei eine angemessene Therapie der oftmals schuldunfähigen Patienten. „Integration, sobald es geht“, sagt Barbara Werneburg. Gleichzeitig muss die Sicherung der Straftäter zum Schutz der Allgemeinheit gewährleistet sein. Die Patienten werden einmal im Jahr für eine mögliche Entlassung begutachtet.
Die Klinik für Forensische Psychiatrie am ÖHK wurde 2007 eingeweiht. Der „Hochsicherheitstrakt“ist zwar nach außen hin speziell abgesichert, durch die Struktur als „forensisches Dorf“, mit Hof und Dachterrassen, dennoch kommunikativ, wie Barbara Werneburg erläutert. Daneben bietet die Klinik weitere Gebäude mit zusätzlich 20 Behandlungsplätze mit gelockerten bis offenen Unterbringungsbedingungen.
Barbara Werneburg sagt: „Es gibt keine aussichtslosen Fälle“. Manche Patienten werden nach Jahrzehnten als geheilt entlassen. Einige traf die Medizinerin am Samstag wieder.
Abteilung für Jugendliche und junge Erwachsene