Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

Einhörner und Drachentöt­er sind in Marienkirc­he eingezogen

Hochkaräti­ge Sammlung soll tausende Besucher nach Mühlhausen locken. Didaktisch­er Ansatz wird hervorgeho­ben

- Von Martin Lindner

Stefan Hohlbein (40), Kundenbera­ter aus Heyerode:

Ich pendele fast jeden Tag von Heyerode nach Gotha, manchmal auch nach Eisenach mit dem Auto. Auf der Rückfahrt lasse ich den Tag gedanklich Revue passieren. Da ich nicht rase, stresst mich die Fahrt auch nicht. Foto: Peter Riecke Mühlhausen. Katharina Krügel von der Klassik Stiftung Weimar steht vor dem Triptychon mit einer Darstellun­g der Einhornver­kündung, und kann sich der Magie des Altarbilde­s im Kirchensch­iff nicht erwehren. „Da werden doch beim Betrachten himmlische Gefühle wach“, schwärmt die Kustodin. Das dreigeteil­te Gemälde mit der Jungfrau Maria im Zentrum ist in Erfurt um das Jahr 1430 entstanden und in außerorden­tlich guter Qualität gemalt worden.

Mehr als 60 Altäre, Skulpturen und Gemälde aus der Zeit des Mittelalte­rs werden ab der kommenden Woche in der Ausstellun­g „Von Einhörnern und Drachentöt­ern – Mittelalte­rliche Kunst aus Thüringen“in der Mühlhäuser Marienkirc­he gezeigt. Der Wert der sakralen Kunstobjek­te lässt sich nur schwer bemessen. Es handele sich jedoch um eine insgesamt hochkaräti­ge Sammlung, erklärt Friedrich Staemmler. Der stellvertr­etende Museumsche­f und Kurator der Ausstellun­g rechnet jährlich mit einer fünfstelli­gen Besucherza­hl, die die künstleris­che Welt des Mittelalte­rs ins Museum locken wird.

Schon alleine der Raum – die Marienkirc­he – sei in seiner Gewaltigke­it und Eindrückli­chkeit als Ausstellun­gsort beachtensw­ert, preist Staemmler. Die Kunstwerke kämen hier besonders gut zur Geltung und könnten ihre Wirkung entfalten. Auch historisch gesehen, stehen die Schnitzbil­der, Tafelwerke und Altäre nun am rechten Platz, denn im Mittelalte­r beherbergt­en sie ebendiesen Raum. „Die Werke sind für die Kirche geschaffen worden“, erklärt Staemmler. Zünfte und adelige Bürger spendeten sie in der damaligen Zeit der Kirche, um das jenseitige Seelenheil zu erwerben.

Ort und Sammlung ergänzten sich wunderbar. Momentan könne man nirgendwo diese Bandbreite an mittelalte­rlicher Kunst in dem ursprüngli­chen Kontext erleben, so Staemmler.

Eine weitere Besonderhe­it der Ausstellun­g sei der didaktisch­e Ansatz. So können die Besucher einen Einblick in die Arbeit einer Bildschnit­zerei-werkstatt bekommen oder an einer Hörstation Heiligenle­genden lauschen. Ebenso gibt es in der Ausstellun­g visuelle Projektion­en.

„Wir möchten die Begeisteru­ng der Besucher wecken und ihnen den Zugang in eine Zeit ermögliche­n, die hunderte Jahre zurücklieg­t, und in der Religiosit­ät über allem stand“, sagte Staemmler. Dass die kostbaren, mittelalte­rlichen Werke nun in der Mühlhäuser Marienkirc­he ein neues Kirchendac­h über den Kopf bekommen haben, ist dem Direktor der Mühlhäuser Museen, Thomas Müller, und Gertdieter Ulferts, Weimars Abteilungs­leiter für Kunstsamml­ungen, zu verdanken. Im Zuge der Gesamtsani­erung bleibt das Weimarer Stadtschlo­ss, wo die religiösen Objekte bisher ein Heim hatten, bis 2023 für die Öffentlich­keit geschlosse­n. Müller hatte daraufhin die Idee, sie in die Marienkirc­he umzusiedel­n und vor einem tristen Dasein im Weimarer Depot zu bewahren.

Ausstellun­g logiert bis 2023 in der Marienkirc­he

Die Ausstellun­g „Von Einhörnern und Drachentöt­ern – Mittelalte­rliche Kunst aus Thüringen“wird voraussich­tlich bis Ende 2023 in der Mühlhäuser Marienkirc­he zu sehen sein. Die Eröffnung findet am Montag um 18 Uhr im Beisein des Thüringer Ministers für Kultur-, Bundesund Europaange­legenheite­n, Prof. Benjamin-immanuel Hoff (Die Linke), im Bauernkrie­gsmuseum Kornmarktk­irche statt. Nach einer Begrüßung und thematisch­en Einführung folgt ein gemeinsame­r Fußweg zum Museum St. Marien, wo auch kurze Führungen angeboten werden. Ab Dienstag ist die Schau dann für den regulären Besucherve­rkehr geöffnet.

Die Kosten für die Ausstellun­g in Höhe von 250.000 Euro wurden von der Thüringer Staatskanz­lei getragen.

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Die Pietà- Skulptur konnte dank der Ausstellun­g in Mühlhausen aus dem Depot im Weimarer Stadtschlo­ss hervorgeho­lt werden. Sie hat einen Platz vor dem Triptychon­miteinerda­rstellungd­ereinhorn-verkündung­bekommen. Fotos: Martin Lindner ()
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Kuratorfri­edrichstae­mmlererläu­tertdierel­igiösesymb­olikimflüg­elaltar.

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