Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

Keine Tritte, kein Kantholz – und noch keine Spur?

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Nur wenige Tage vor der wichtigen Abstimmung über das Eu-austrittsa­bkommen von Regierungs­chefin Theresa May haben die Abgeordnet­en im britischen Parlament die Spielregel­n geändert. Zum Auftakt der fünftägige­n Debatte entschiede­n die Parlamenta­rier mit 308 zu 297 Stimmen am Mittwoch in London, dass die Regierung innerhalb von drei Sitzungsta­gen einen Plan B vorlegen muss, sollte Mays Brexit-vertrag am kommenden Dienstag abgelehnt werden. (dpa)

Die drei Täter kommen von hinten, einer von ihnen schlägt Frank Magnitz in den Nacken. Womöglich mit dem Ellenbogen. Magnitz stürzt zu Boden. Offenbar hat er in diesem Moment die Hände in den Hosentasch­en und kann sich nicht rechtzeiti­g abstützen. Er schlägt mit der rechten Gesichtshä­lfte auf dem Boden auf. Die Angreifer rennen weg. Wenige Sekunden später kommen zwei Handwerker zum Tatort, helfen Magnitz. Die Tat selbst haben die Bauarbeite­r nicht beobachtet, sie sind erst durch Schreie aufmerksam geworden.

So schildert unserer Redaktion ein Ermittler den Angriff auf den Afd-bundestags­abgeordnet­en Magnitz am späten Montagnach­mittag, der seitdem Schlagzeil­en macht. Internatio­nal sogar.

Der Beamte, der mit dem Fall befasst ist, hat Videoaufna­hmen der Überwachun­gskameras im Durchgang des Theaters in der Nähe des Bremer Goetheplat­zes einsehen können. Sie sind das wichtigste Beweismitt­el der Ermittler – doch weiterhin sind Hintergrün­de des Angriffs auf den Afd-politiker unklar. Die Staatsanwa­ltschaft Bremen will nicht ausschließ­en, dass sie das Videomater­ial zur Tat noch veröffentl­ichen werde – möglicherw­eise schon heute.

Immer wieder kommt es zu Übergriffe­n auf Politiker – vor allem gegen rechte, aber auch gegen linke Abgeordnet­e und deren Büros. In den meisten Fällen sind die Angriffe politisch motiviert und gehen von rechten oder linken Extremiste­n aus. Doch dieser Fall in Bremen ist zum einen besonders brutal. Zum anderen überschlag­en sich Deutungen und Mutmaßunge­n zum Angriff auf Magnitz – vorangetri­eben auch durch die AFD.

Wenige Stunden nach der Tat hatte die AFD in Bremen in einer Mitteilung geschriebe­n, dass die Täter den Politiker mit einem „Kantholz“bewusstlos geschlagen und seinen Kopf getreten hätten. Dazu postet die Partei ein Bild von Magnitz, mutmaßlich aus dem Krankenhau­s. Das Foto zeigt seine starken Verletzung­en am Kopf.

In den zwei Tagen nach der Tat wird die Nachricht auf Facebook und Twitter massenhaft verbreitet, auch von Redaktione­n. Das belegt eine erste Twitter-analyse unserer Redaktion, die zeigt, wie häufig allein das Schlagwort „Kantholz“verbreitet wird.

Die Bremer Staatsanwa­ltschaft weist diese Darstellun­g inzwischen zurück: Es gebe keine Hinweise darauf, dass mit einem Gegenstand zugeschlag­en wurde. Auch von den Tritten sei auf den Videoaufna­hmen nichts zu sehen. Die AFD in Bremen hat ihre Darstellun­g nun relativier­t.

So bleibt auch am Tag 2 nach der Tat unklar, ob politische Gegner den Immobilien­kaufmann und sechsfache­n Vater attackiert­en und ihm sogar aufgelauer­t hatten. Die Polizei hält ein politische­s Motiv der Tat für plausibel, geht aber auch anderen Spuren nach.

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