Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Trump scheut Ausrufung des Notstands
Es war ein Showdown mit angezogener Handbremse, den Donald Trump zur besten Sendezeit vor einem Millionenpublikum aufführte. Wissend, dass sich die Demokraten bei der Bewilligung von rund sechs Milliarden Dollar Steuergeld für den Bau einer Grenzmauer zu Mexiko weiter stur stellen würden, scheute der Präsident die letzte Konsequenz: die Ausrufung des nationalen Notstands. Juristen des Weißen Hauses und des Justizministeriums sondieren seit Tagen die politischen und rechtlichen Begleiterscheinungen dieser Notlösung, die den Ruch von Autokratie in sich birgt.
Trump, so heißt es, könnte so Finanzmittel im Budget des Verteidigungsministeriums für den Bau des Grenzwalls umschichten, die Haushaltshoheit des Parlaments unterlaufen, Grundbesitzer schneller enteignen und das Army Corps of Engineers zur Errichtung der Mauer einsetzen. Damit wäre der Weg frei für Trump, den von ihm angezettelten Teil-regierungsstillstand („shutdown“) aufzuheben, der seit 22. Dezember 800.000 Staatsbedienstete betrifft und am Wochenende mit 22 Tagen der längste in der Us-geschichte würde. Er hätte sein wichtigstes Wahlkampfversprechen erfüllt. Fiele ihm danach das Oberste Gericht in den Arm, das gewiss angerufen würde, könnte Trump ein etwaiges Scheitern andern in die Schuhe schieben.
Trump deutet diese Marschroute nicht mal an. Und er verzichtete auf den unwahren, zuletzt aber oft wiederholten Hinweis, 2018 seien 4000 Terrorverdächtige an der Grenze zu Mexiko dingfest gemacht worden. Kritiker schließen daraus, „dass sich Trump nicht sicher ist“. Erst wenn die Tv-rede und der für heute in Mcallen (Texas) vorgesehene Grenzbesuch Trumps von den Meinungsforschern eingepreist wären, werde sich der Präsident entscheiden, heißt es aus seinem Umfeld.
Große Verschiebungen in der öffentlichen Bewertung sind nicht zu erwarten. Trumps Rede blieb ohne Neuigkeitswert. Alle Argumente für die Mauer – Jobverluste durch illegale Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt, hohe Kriminalität und Gewaltverbrechen, Drogenschmuggel etc. – kennt die Us-öffentlichkeit.
Auf der anderen Seite steigt in der Bevölkerung stündlich der Unmut über den „shutdown“. Handelskammer, Gewerkschaften und Verbände appellierten gestern an Trump, nicht länger weite Teile der Bundesverwaltung „in Geiselhaft“zu nehmen.