Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Ostdeutsche Frauen leben heute gesünder als 1990
Die promovierte Sozialwissenschaftlerin Mine Kühn vom Max-planckinstitut für demografische Forschung in Rostock hat mit drei weiteren Wissenschaftlern untersucht, wie zufrieden die Menschen in Deutschland mit ihrem Gesundheitszustand in den Jahren 1990 bis 2013 waren. Wir haben sie dazu befragt.
Auf Daten des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP), einer repräsentativen Wiederholungsbefragung. Sie läuft bereits seit mehr als drei Jahrzehnten, jährlich werden etwa 30.000 Menschen dafür befragt. Die Gesundheitsvariable, die wir in unserer Studie verwenden, ist die Zufriedenheit mit der Gesundheit. Das heißt, die Befragten geben auf einer Skala von 0 (schlechtester Wert) bis 10 (bester Wert) an, wie zufrieden sie mit ihrer Gesundheit sind. Die Ergebnisse zeigen, dass ostdeutsche Männer sowohl im Durchschnitt als auch in den Modellschätzungen, also nach dem Herausrechnen von Einflüssen wie Bildung, Einkommen und Erwerbstätigkeit, ab den 2000er-jahren schlechtere Werte haben. Sie halten sich für kränker als Frauen. Das war aber nicht immer so: Direkt nach der Wiedervereinigung waren Frauen in Ost und West mit ihrer Gesundheit unzufriedener. Nein, wir haben Ost- und Westdeutsche anhand der Frage „Wo haben Sie 1989 gelebt?“definiert. Eine Unterscheidung nach Bundesländern war nicht möglich. Zu den Ost-männern lagen uns insgesamt rund 33.700 Antworten vor, zu den West-männern fast 73.700. Bei den Frauen waren es 35.610 Daten Ost und 78.340 West. Die größte Gruppe stellten dabei jeweils die 40- bis 49-Jährigen, die kleinste die 20bis 29-Jährigen. Ein Grund könnte Stress infolge der politischen und sozialen Veränderungen seit der Wende sein. Unter diesem Stress könnte ihre Gesundheit – oder zumindest Ja, aber Studien zeigen, dass Frauen mit bestimmten Lebensereignissen, zum Beispiel Scheidung, Arbeitslosigkeit oder Tod des Partners, besser umgehen können als Männer. Eine Erklärung dafür ist, dass Frauen sich aus ihrem sozialen Netzwerk Unterstützung holen. Soziale Unterstützung hat bei Stress nachweislich einen schützenden Effekt. Es ist davon auszugehen, dass jene, die weniger Stress empfinden, sich auch gesünder fühlen. Die Erklärung ist spekulativ, weil wir das Gesundheitsverhalten nicht kontrollieren konnten. Aber es gibt wichtige Anhaltspunkte aus früheren Studien, beispielsweise des Robert-kochinstituts, dass vor 1990 sowohl ostdeutsche Männer als auch Frauen weniger sportlich aktiv waren als Westdeutsche und mehr Alkohol als Westdeutsche konsumierten. Während allerdings ostdeutsche Frauen in den vergangenen Jahren ähnlich gute Werte im Gesundheitsverhalten wie Frauen im Westen erreichten, zeigen ostdeutsche Männer weiterhin ein schlechteres Gesundheitsverhalten als westdeutsche Männer. Männer sind nicht länger das stärkere Geschlecht. So haben wir zumindest die Pressemitteilung zur Studie überschrieben.