Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Warum Operationen auch im hohen Alter noch sinnvoll sind
Die Patientin, die Olaf Bach jüngst operiert hat, war bereits 92 Jahre alt. Der Mediziner ist davon überzeugt, dass der Eingriff keine Zumutung für die alte Dame war, im Gegenteil. Nur durch die Operation ließ sich bei ihr ein Wirbelbruch, der urplötzlich heftige Rückenschmerzen hervorrief, mit einer Injektion von Knochenzement stabilisieren.
Bach ist Chefarzt der Klinik für Orthopädie, Unfall- und Handchirurgie am Weimarer Klinikum. Er und sein Kollege Wolfram Kluge, ebenfalls Chefarzt der Klinik, sind davon überzeugt, dass sich Operationen am Bewegungsapparat auch im hohen Alter lohnen. Und zwar nicht aus ökonomischen Gründen, wie sie Klinikärzten und Kliniken oft unterstellt werden, sondern im Sinne der Patienten. Denn selbst wenn ein Patient bereits 80 Jahre alt und beispielsweise nach einem Sturz sowohl gehandicapt als auch schmerzgeplagt sei, habe er das Recht, die Möglichkeiten, die die moderne Medizin bietet, zu nutzen. „Schließlich beträgt beispielsweise die statistische Lebenserwartung bei Frauen 88 Jahre – und acht Jahre Schmerzen wären für eine 80-Jährige nach einem Sturz eine sehr harte Strafe“, sagt Olaf Bach.
Die Probleme, die das hohe Alter von Patienten an Orthopäden und Unfallchirurgen stellt, stehen deshalb auch im Fokus des 14. Unfallchirurgisch-orthopädischen Symposiums in Weimar, zu dem Bach und Kluge am 18. und 19. Januar einladen. Etwa 250 Mediziner wollen dann darüber beraten, wie durch Knochenverschleiß oder Stürze entstehende Frakturen bei alten Menschen am besten so operativ versorgt werden, dass es weder während des Eingriffs noch in den Jahren danach zu Komplikationen kommt, Patienten aber zugleich so geholfen werden kann, dass sie möglichst schnell wieder auf die Beine kommen oder zumindest leichter gepflegt werden können.
Das Thema ist angesichts der demografischen Entwicklung hoch aktuell: Schon heute sind rund sieben Prozent der Deutschen 80 Jahre alt und älter – bis zum Jahr 2050 werden es dem Statistischen Bundesamt zufolge etwa doppelt so viele sein. Außerdem sind alte Menschen weit häufiger von Unfällen, beispielsweise von Stürzen in ihrer Wohnung, betroffen.
Bei dem Symposium wollen die Mediziner unter anderem darüber beraten, wie die einzelnen Fachdisziplinen intensiver zusammenarbeiten können. Denn bei Hochbetagten ist nicht nur die Kunst des Operateurs gefragt. Und: „Mehr als eine Operation können wir den Patienten in der Regel auch nicht zumuten. Wir haben also genau einen Versuch – und der muss sitzen“, sagt Olaf Bach.
Ein Schwerpunkt des Symposiums sollen auch Infektionen im Zusammenhang mit Prothesen sein. Denn Infektionen können nicht nur bei der Operation oder im Verlauf der Wundheilung auftreten, sondern auch Jahre danach. „Keime gelangen zum Beispiel über einfache Hautwunden oder schlechte Zähne in den Körper und dann über die Blutbahn zur Prothese“, beschreibt Dr. Bach dieses Szenario. Solche Infektionen seien zwar selten, für die Patienten aber kämen sie einer Katastrophe gleich. Denn die Prothese müsse in diesen Fällen unbedingt wieder entfernt werden.
Olaf Bach macht aber auch kein Geheimnis daraus, dass er sich auch von den Herstellern der Implantate mehr Innovation erhofft, beispielsweise antibakteriell beschichtete Prothesen, die wirklich halten, was sie versprechen.