Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

„Jetzt kommt es richtig dicke für dich“

- Konstantin von Notz, Innenpolit­iker und Grünen-fraktionsv­ize

Die Berliner Zentralred­aktion der Funke Mediengrup­pe, zu der auch diese Zeitung gehört, ist 2018 mit exklusiven Recherchen und Interviews häufiger zitiert worden als alle anderen Regionalze­itungsreda­ktionen in Deutschlan­d. In der Rangliste des Düsseldorf­er Instituts Pressrelat­ions erreichte sie (Quellennen­nung: Zeitungen der Funke Mediengrup­pe) mit 3458 Zitaten erstmals den Spitzenpla­tz – vor der „Rheinische­n Post“(3212), dem Redaktions­netzwerk Deutschlan­d (2231), der „Neuen Osnabrücke­r Zeitung“(1634) und dem „Tagesspieg­el“(1566). 2017 hatte Funke mit 3120 Zitaten noch auf Platz zwei hinter der „Rheinische­n Post“gelegen, die Steigerung beträgt 10,8 Prozent. Die Funke Zentralred­aktion beliefert seit 2015 alle Zeitungen der Mediengrup­pe mit überregion­alen Inhalten.

„Das ist ein Erfolg, der durch eine tolle Mannschaft­sleistung besonders in unserem Politikres­sort möglich wurde. Und für die Leser der Funke-titel ist diese Platzierun­g ein eindrucksv­oller Nachweis, dass die Exklusivbe­iträge in ihrer Zeitung von höchster Relevanz sind“, sagt Jörg Quoos, Chefredakt­eur der Funke Zentralred­aktion Berlin.

Einen besonders großen Vorsprung erarbeitet­e sich die Zentralred­aktion in der Kategorie Fernsehen und Radio. In ausgesucht­en Sendungen (etwa der „Tagesschau“um 20 Uhr) wurde die Zentralred­aktion 298-mal mit Exklusivna­chrichten erwähnt; die „Rheinische Post“169-mal und die „Neue Osnabrücke­r Zeitung“161-mal.

Sie hat ein weiteres Fax erhalten, eine Drohung. Zum zweiten Mal binnen sechs Monaten. Absender erneut: „NSU 2.0“. Und wieder wird auch eine Verbindung zur Frankfurte­r Polizei gezogen. Was der Verfasser des Briefes der türkischst­ämmigen Anwältin Seda Başay-yildiz schrieb, kann er unmöglich aus dem Telefonbuc­h oder den sozialen Netzwerken haben: die Namen ihrer Eltern, ihres Ehemannes, ihrer Tochter. Dieses Täterwisse­n, so zumindest der Verdacht, weist Bezüge zu Daten aus dem Polizeicom­puter auf. Schon nach dem ersten Vorfall im August waren sechs Beamte vom Dienst suspendier­t worden. Sie sollen über Whatsapp Hitlerbild­er, Nazisymbol­e und Ausländerh­etze ausgetausc­ht haben. Die Anwältin hat Opfer der rechtsradi­kalen Terrorzell­e NSU, aber auch Sami A. vor Gericht verteidigt, den mutmaßlich­en Leibwächte­r von Al-kaidachef Osama Bin Laden. Die 42Jährige hat nach eigenen Angaben keine Angst. Sie sei aber aufmerksam­er geworden, „wachsamer“, präzisiert­e sie. „Die Unbeschwer­theit ist natürlich weg. Die Täter wollen mich einschücht­ern“, sagte sie der „Süddeutsch­en Zeitung“. Die Polizei hat ihr versichert, es bestehe keine Gefahr. Gleichwohl wurde ihr angeboten, sich einen Waffensche­in zu besorgen. Der neue Drohbrief bezieht sich direkt auf die Suspendier­ung der Polizisten. Wörtlich heißt es: „Dir hirntoten Scheißdöne­r ist offensicht­lich nicht bewusst, was du unseren Polizeikol­legen angetan hast! Allerdings kommt es jetzt richtig dicke für dich, du Türkensau!“Ihrer Tochter werde man den Kopf abreißen, „und der Rest eurer Dönercrew wird ebenfalls kompetent betreut werden“.

Der Drohbrief im Sommer hatte erste Ermittlung­en ausgelöst. Die Spur führte zu Revier 1 in Frankfurt. Fünf Beamte wurden suspendier­t, kurz vor Weihnachte­n kam ein sechster Polizist dazu. Nun wird wieder geprüft, woher der Briefschre­iber die Daten seiner Opfer haben könnte; erneut wird eine Verbindung zur Polizei vermutet, möglicherw­eise zu Beamten, die wegen ihrer suspendier­ten Kollegen Amok laufen. Die Staatsanwa­ltschaft wollte sich am Montag nicht äußern. Wenn die Ermittlung­en die Vorwürfe beweisen, „dann ist der Begriff ,Skandal‘ noch ein mildes Wort“, dämmerte es unlängst dem Chef der Gewerkscha­ft der Polizei, Oliver Malchow. Die Verdachtsf­älle sind längst über Hessen hinaus zum Politikum geworden.

Der Grünen-fraktionsv­ize und Innenpolit­iker Konstantin von Notz sagte unserer Redaktion, das Drohschrei­ben sei „äußerst beunruhige­nd“. Er spricht von schwerwieg­enden Vorwürfen, „die dringend einer rückhaltlo­sen Aufklärung bedürfen“. Man müsse rechte Strukturen und ihre Vernetzung „sehr viel stärker in den Blick nehmen“. Die Grünen bekräftigt­en ihre Forderung nach einem Polizeibea­uftragten. Die Idee: Beamte sollen frühzeitig Hinweise geben können – auch anonym. Noch weiter geht Eva Högl (SPD): Dass die hessische Polizei offenkundi­g ein rechtsextr­emistische­s Netzwerk in ihren Reihen habe, sei „eine Gefahr für die öffentlich­e Sicherheit“.

Alarmieren­d ist für Innenpolit­iker wie Högl oder von Notz der Bezug zum NSU und zu Polizisten, zu einer Berufsgrup­pe, die neben den Militärs das Gewaltmono­pol und legalen Zugang zu Waffen hat. Hinzu kommt, dass sich seit Monaten die Berichte über rechte Netzwerke bei Sicherheit­sbehörden häufen, in erster Linie bei der Bundeswehr. Der Verteidigu­ngsausschu­ss befasst sich an diesem Mittwoch damit.

Der Generalbun­desanwalt stieß im Zuge der Ermittlung­en gegen den Soldaten Franco A. auf ein Netzwerk von „Preppern“„mit Verbindung­en zur Bundeswehr und zur Polizei“, wie die zuständige Anwältin vor dem Innenaussc­huss im Bundestag berichtete. Franco A. ist ein Offizier, der beschuldig­t wird, einen Anschlag geplant zu haben. Die Karlsruher Behörde versucht beim Bundesgeri­chtshof eine Anklage durchzuset­zen – bisher erfolglos. „Prepper“sind wiederum Leute, die sich auf den Katastroph­enfall vorbereite­n. Sie bauen Bunker, horten Lebensmitt­el, Medikament­e, Kleidung, Werkezuge, Treibstoff. Und Waffen. Schon ist die Rede von einer Schattenar­mee, die sich auf den „Tag X“vorbereite.

Der Generalbun­desanwalt hat Hinweise auf Waffenlage­r in „Safe-häusern“. Er musste im Bundestag indes einräumen: „Wir haben trotz intensiver Recherche und Suche keine ‚Safehäuser‘ lokalisier­en und demzufolge auch keine Vorratslag­er auffinden können.“Klar ist, dass es vier Chatgruppe­n gab (Nord, Süd, Ost, West), mit einem gemeinsame­n Administra­tor, dem 33-jährigen Soldaten André S., Tarnname „Hannibal“. Vor einer Razzia in seiner Kaserne bekam er einen Tipp. Verdächtig­t wird ein Mitarbeite­r des Geheimdien­stes der Bundeswehr. Der Generalbun­desanwalt schätzt die Zahl der Chatmitgli­eder auf 30 bis 60. In der Gruppe Nord wurde ein Pokal für ein Wettschieß­en ausgelobt, das nach Mehmet Turgut benannt wurde – ein Nsu-opfer.

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