Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Gesine Schwan will die SPD führen – mit Kevin Kühnert
Die frühere Kandidatin für das Bundespräsidentenamt würde zu einer Doppelspitze nicht Nein sagen. Scholz winkt dagegen ab
Berlin. Sie ist 76, er bald 30 – wird aus Gesine Schwan und Kevin Kühnert am Ende ein Dream-team, das die malade SPD aus der Krise führt? Darauf sollte man keine Wetten abschließen. Schwan, die zweimal gescheiterte Kandidatin für das Bundespräsidentenamt, ist aber die erste prominente Genossin, die nach der Entscheidung der Parteiführung für eine Doppelspitze zumindest in eigener Sache selbstbewusst in die Offensive geht.
Im Interview mit dem Deutschlandfunk betonte die Politikwissenschaftlerin zwar, sie wolle von sich aus nicht kandidieren. Sie stehe aber für den Posten bereit, „wenn die Bitte an mich herangetragen würde und wenn die auch eine erhebliche Unterstützung hätte“.
Über Juso-chef Kühnert sagte sie, sie habe ihn nicht als Revoluzzer, sondern als fair und nachdenklich-argumentativ erlebt. „Das ist eine sehr wichtige Voraussetzung, wenn man kooperieren wollte.“Doch kann sich Schwan kaum vorstellen, dass Kühnert Interesse hat, Teil einer Doppelspitze zu sein. „Der ist 29, und der hat noch viel vor sich.“
Kühnert, der Posterboy der No-groko-bewegung in der SPD, schweigt seit Wochen über mögliche Ambitionen. Gegen den rhetorisch starken, populären Jungsozialisten aus Berlin gibt es in der Spd-funktionärsschicht starke Vorbehalte. Kühnert hat – außer seiner Zeit als Juso-vorsitzender – noch nie ein politisches Amt oder Mandat ausgefüllt. Auch Schwan hatte nie ein Regierungsamt. Schwan war 2004 von SPD und Grünen für das Amt der Bundespräsidentin vorgeschlagen worden. Sie unterlag bei der Wahl jedoch Horst Köhler.
2009 trat sie noch einmal gegen Köhler an und verlor erneut. Schwan war lange Präsidentin der Europa-universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Später leitete sie die Humboldtviadrina School of Governance in Berlin. Derzeit ist sie Vorsitzende der Grundwertekommission der SPD.
Außer Schwan hat bislang nur der nordrhein-westfälische Spd-politiker Thomas Kutschaty Interesse an einer Führungsrolle signalisiert. Am Montag hatte der Spd-vorstand beschlossen, dass nach dem Rücktritt von Andrea Nahles eine Doppelspitze etabliert werden soll.
Gehandelt für Teamlösungen werden Generalsekretär Lars Klingbeil oder der rheinlandpfälzische Fraktionschef Alexander Schweitzer. Starkes Interesse soll Familienministerin Franziska Giffey haben. Doch prüft die Freie Universität Berlin, ob sie Giffey den Doktortitel wegen Plagiats aberkennt. Sollte Giffey ungeachtet dessen kandidieren, dürfte sie eine Favoritin sein. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) bekräftigte, er stehe nicht zur Verfügung.