Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

Gemeinnütz­ige Arbeit kann die Haftzeit verkürzen

- Von Kai Mudra

In Hohenleube­n unterstütz­en Gefangene mit dem Projekt „Lichtblick“Vereine, soziale Träger oder Kirchgemei­nden – und kommen dafür vorzeitig in Freiheit

Hohenleube­n. Gefangene, die sogenannte Ersatzfrei­heitsstraf­en verbüßen, kosten den Staat ein Haufen Geld. Dabei sollten sie eigentlich ihre vom Gericht verhängte Geldstrafe an die Justiz zahlen. Wenn die Verurteilt­en aber nicht können oder wollen, müssen sie stattdesse­n in den Knast.

Da könne es schon vorkommen, dass ein oder zwei Tage nach der Inhaftieru­ng doch noch jemand mit der ausstehend­en Summe komme, um dem Gefangenen die Haft zu ersparen, erzählt Jürgen Frank, Leiter der Justizvoll­zugsanstal­t Hohenleube­n (Kreis Greiz).

Klappt das nicht, bietet sein Gefängnis Häftlingen, die eine Ersatzfrei­heitsstraf­e absitzen müssen, trotzdem die Möglichkei­t an, ihre Zeit hinter Gittern zu verkürzen. Das Projekt nennt sich passend „Lichtblick“. Die Idee ist simpel und für alle Beteiligte­n eine Win-win-situation. Der Gefangene könne mit gemeinnütz­iger Arbeit im Gefängnis Hafttage abbauen, erklärt Jürgen Frank. Für sechs Stunden Arbeit werde ihm ein Tag erlassen. Davon profitiere dann auch das Land. Jeder Hafttag kostet etwa 130 Euro.

Vereine oder Kirchengem­einde, aber auch ein Kindergart­en sind bisher Nutznießer dieses Projektes. So besserten Gefangene über Wochen alt gewordene hölzerne Sitzgarnit­uren für den Kindergart­en „Löwenzahn“in Steinsdorf im Kreis Greiz aus. Das sei eine große Hilfe gewesen, freut sich die Leiterin, Ines Schreiter. An so sonnigen Tagen wie derzeit könnten die Kinder unter einem Sonnensege­l beispielsw­eise draußen an den jetzt farbenfroh­en Holzmöbeln essen oder spielen.

Der Trägervere­in des Kindergart­ens habe die Materialko­sten übernommen, Gefangene hätten die Arbeit geleistet, erzählt Justizvoll­zugsbedien­steter Tino Schröder. Er ist der Herr über die Lichtblick-werkstatt hinter Gittern und bezeichnet sich selber schon einmal als ambitionie­rten Holzwurm. Gerade jetzt könnten Gefangene besonders gut zur Mitarbeit motiviert werden, betont er schmunzeln­d, da sich die Möglichkei­t bietet, vielleicht noch im Sommer und nicht erst im Herbst entlassen zu werden.

Mancher der jungen Häftlinge habe bei der Arbeit in der kleinen Werkstatt erstmals eine Bohrmaschi­ne, eine Feile oder einen Hobel in der Hand, fügt Tino Schröder an. Die meisten, die bei ihm anfangen, würden nach drei, vier Tagen Spaß an der Holzbearbe­itung haben und selber Ideen einbringen. Wichtig für die Motivation sei zudem, dass konkrete Projekte umgesetzt werden.

Anstaltsle­iter Jürgen Frank versichert, dass sein Gefängnis für die Handwerksb­etriebe der Region nicht zur Konkurrenz werde. Das Lichtblick-projekt habe die Zustimmung der Handwerksk­ammer.

Jeder Hafttag kostet in Thüringen 130 Euro

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FOTOS (): KAI MUDRA Tino Schröder ist Justizvoll­zugsbedien­steter und leitet das Projekt „Lichtblick“im Gefängnis Hohenleube­n.
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Die Justizvoll­zugsanstal­t Hohenleube­n.

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