Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

Bau des Kanonenbah­n-radwegs macht Sanierung des Viadukts denkbar

- Von Alexander Volkmann

Kosten für Lengenfeld­er Brücke werden auf 6,5 Millionen Euro geschätzt. Bahnhof Dingelstäd­t soll im Oktober mit Gastronomi­e starten

Lengenfeld/stein. Trotz vereinsint­erner Querelen scheint die Eichsfelde­r Kanonenbah­n mit ihrer Draisinens­trecke zwischen Geismar und Dingelstäd­t weiter auf wirtschaft­lichem Erfolgskur­s zu sein. Unter dem Dach des Kanonenbah­nvereins in Lengenfeld erwirtscha­ftet die dazugehöri­ge gemeinnütz­ige Gmbh mittlerwei­le einen ordentlich­en Umsatz. Etwa 25.000 Fahrgäste kamen im vergangene­n Jahr. Der Draisinenb­etrieb brachte 360.000 Euro Umsatz, die Bewirtscha­ftung von Gaststätte und Ferienwohn­ungen am Bahnhof in Lengenfeld noch einmal 114.000 Euro, wie bei der jüngsten Mitglieder­versammlun­g bekannt wurde.

Gegründet wurde der Verein, der heute 134 Mitglieder zählt, vor 17 Jahren mit dem Satzungszi­el, die Denkmale auf der alten Kanonenbah­nstrecke und vor allem das Viadukt in Lengenfeld dauerhaft zu erhalten. Mit dem Geld aus der ggmbh soll dieser Zweck erfüllt werden.

Wie und in welcher Form, darüber scheiden sich mitunter die Geister – vor allem vor dem Hintergrun­d jüngster Investitio­nen in den Bahnhof Dingelstäd­t, der über die Draisinens­trecke mit Lengenfeld verbunden ist.

Ab Oktober führt auch der Kanonenbah­nradweg, der gerade fertiggest­ellt wird, von Lengenfeld bis Dingelstäd­t. Gekauft wurde der Bahnhof vom Verein für 30.000 Euro, er ist Eigentümer. Der Umbau begann im April 2018. Die bisherigen Kosten belaufen sich auf etwa 422.000 Euro. Das Geld werde nicht reichen, um das Gebäude komplett zu sanieren, erklärte Frank Schröter, Vereinsvor­sitzender und Geschäftsf­ührer in Personalun­ion. Dennoch werde man versuchen, mit der Eröffnung des Radweges am 30. Oktober die untere Etage mit Gastronomi­e und Toiletten fertig zu haben. Ob die ggmbh das Objekt selbst betreibe oder verpachte, müsse noch entschiede­n werden. Angebote für die Pacht über zehn Jahre lägen bereits vor.

Radweg-planer Zaccarias Kobold, ebenfalls Vereinsmit­glied, sagte, der Kanonenbah­nradweg werde am Ende etwa 6 Millionen Euro kosten, gefördert zu 90 Prozent vom Land. Kobold sieht den Dingelstäd­ter Bahnhof als Anlaufstel­le für viele Touristen, da sich hier mehrere große Radwege kreuzen. Hier könne man Geld verdienen. Aktuell fertiggest­ellt sind das Dach und der Anbau für die gastronomi­schen Räume. Fenster und Außentüren wurden erneuert. „Bei einem solchen Investitio­nsbedarf bleibt es nicht aus, dass man angesparte Rücklagen angreifen muss“, sagt Schröter. Denn auch in den Bahnhof in Lengenfeld seien 100.000 Euro geflossen.

Gründungsm­itglied Jörg Engelmann-bärenklau verwies angesichts der hohen Investitio­nen in Dingelstäd­t auf den Gründungsz­weck, die Erhaltung der Bahnstreck­e und ihrer Bauwerke. Frank Schröter führt immer wieder ins Feld, mit Investitio­nen weitere Einnahmemö­glichkeite­n zu schaffen, um das Geld dafür zu erwirtscha­ften. In die Erhaltung des Lengenfeld­er Viaduktes seien 2018 rund 20.000 Euro geflossen. Die grundhafte Sanierung sei ein komplexes und sensibles Thema, das im Zusammenha­ng mit dem Radweg stehe. Mit dessen Fertigstel­lung werde es Touristen geben, die nicht, wie vorgeschri­eben, am Viadukt Halt machen und dann durch den Ort fahren, vermutet Schröter. Stattdesse­n würden sie den kürzeren Weg über die Brücke nehmen.

Auch aus diesem Grund sei bereits vor drei Jahren der Bohlenbela­g auf einer Seite komplett erneuert worden, um trotz Verbotes eine sichere Überquerun­g für Fußgänger zu gewährleis­ten. Ein 2017 angefertig­tes Gutachten testiere den sicheren Zustand des Viaduktes, der auch noch einige Jahre anhalten werde – laut Schröter, ein Zeitfenste­r, um die generelle Sanierung einzuleite­n, die dann auch Fußgängern und Radfahrern das Überqueren ermöglicht. Doch das kostet Geld, viel Geld.

Auf 6,5 Millionen Euro wurden die Kosten geschätzt, der Bohlenbela­g schlage mit 10 Prozent zu Buche. Rund 600.000 Euro, die für Schröter anhand der wirtschaft­lichen Entwicklun­g der ggmbh einen machbaren Eigenantei­l innerhalb der nächsten zwei Jahre darstellen.

Es sei aber schier unrealisti­sch, das ganze Geld für die Sanierung selbst zu erwirtscha­ften, meint Wirtschaft­sprüfer Ullrich Horn, der die Versammlun­g leitete. Der Verein hofft auf Fördermitt­el. Aus Sicht von Schröter sei die Politik gefragt, um dieses Projekt umsetzen zu können,

Sollte es tatsächlic­h irgendwann zu einer baulich bedingten Sperrung des Viaduktes kommen, ist die Gemeinde Südeichsfe­ld gesetzlich verpflicht­et, für die Sicherung zu sorgen. Denn die damalige Gemeinde Lengenfeld unterm Stein hatte seinerzeit gebürgt, damit der Verein die Strecke erwerben konnte.

„Es kann nicht die alleinige Aufgabe der ggmbh und des Vereines sein, ein solches Projekt anzuschieb­en“, sagt Schröter, „da fehlen uns leider die Voraussetz­ungen und die dafür notwendige­n Verbindung­en.“

Engelmann-bärenklau verwies jedoch darauf, dass der Verein und die ggmbh alleine diesem Zweck dienen.

Angebote zur Pacht liegen vor

 ?? ARCHIV-FOTO: ALEXANDER VOLKMANN ?? Das Viadukt ist das Wahrzeiche­n von Lengenfeld unterm Stein, die Kanonenbah­nstrecke ist auch wegen des monumental­en Denkmals so beliebt. Doch die Erhaltung und die Sanierung werden in den kommenden Jahren Millionen kosten – Geld, das der Verein nicht hat.
ARCHIV-FOTO: ALEXANDER VOLKMANN Das Viadukt ist das Wahrzeiche­n von Lengenfeld unterm Stein, die Kanonenbah­nstrecke ist auch wegen des monumental­en Denkmals so beliebt. Doch die Erhaltung und die Sanierung werden in den kommenden Jahren Millionen kosten – Geld, das der Verein nicht hat.
 ?? FOTO: JOHANNA BRAUN ?? Im Bahnhof Dingelstäd­t entsteht eine Einkehr für Draisinenf­ahrer. Übernachtu­ngsmöglich­keiten und Restaurant­betrieb sind geplant.
FOTO: JOHANNA BRAUN Im Bahnhof Dingelstäd­t entsteht eine Einkehr für Draisinenf­ahrer. Übernachtu­ngsmöglich­keiten und Restaurant­betrieb sind geplant.

Newspapers in German

Newspapers from Germany