Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Ein Häuptling
Der Geraer Rollhockey-spieler Gustav Rempke gehört als Zwölfjähriger schon zur U-15-nationalmannschaft
Gera. Enrico Rhein muss noch mindestens zwei Jahre durchhalten. Der 40 Jahre alte Spielführer der SG Lions hatte schon vor zwei Jahren verkündet, er könne mit dem Rollhockey erst aufhören, wenn er nicht wenigstens einmal mit Gustav Rempke zusammen in einer Mannschaft gespielt hat.
Doch das Talent in den Reihen des RSC Gera ist zwölf Jahre alt, erst mit 14 darf man mit einer Sondergenehmigung auch in der Bundesliga auflaufen. Das aber könnte bald passen. Die Spielgemeinschaft Gera-chemnitz ist vor zwei Wochen in die erste Liga aufgestiegen. „Gustav ist ein Ausnahmespieler. Mir wäre es eine Freude, mit ihm in einer Mannschaft zu spielen“, sagt Enrico Rhein und einmal in der Woche trainiert der Sechstklässler bereits bei ihm zusammen mit den Männern.
Als er zweieinhalb war, nahm ihn der Papa mit zu einem Probetraining, die größere Schwester spielte auch bei den Blauweißen. So recht erinnern kann sich der Blondschopf natürlich nicht mehr an die Anfänge, doch er stellte sich gut an, man sah, es macht ihm Spaß, ja, der Kleine könnte einmal groß rauskommen. Als einer der Jüngsten spielte er im Geraer U-9team, war der Torschütze vom Dienst– die Mannschaftskameraden akzeptierten das. Gustav Rempke war der Erfolgsgarant. Mit der Geraer U11 wurde er bei den deutschen Meisterschaften in Iserlohn Dritter – 28 der 32 Tore schoss er. „Er kann es eben“, sagt Enrico Rhein und schaute dem Talent beim Training zu. Es war die letzte Einheit in der Tinzer Sporthalle, bevor der 12-Jährige nach La Coruna nach Spanien aufbrach, um mit der deutschen U-15-nationalmannschaft bei einem Turnier zu spielen. „Ja, ein bisschen aufgeregt bin ich schon. Aber auch stolz, dass ich es in die Nationalmannschaft geschafft habe“, sagt er.
Die vergangenen zwei Jahre wurde er vom Bundestrainer Alfredo Meyer gesichtet, jetzt im dritten Anlauf die Einladung ins Nationalteam. Am vorigen Wochenende lernten sich die acht Feldspieler und die zwei Torhüter der U-15-auswahl in Iserlohn schon einmal kennen. „Ich bin zwar der Jüngste“, sagt Gustav Rempke, aber er würde nicht auffallen, er ist weder der Kleinste noch der Größte.
Das Problem sei ein anderes: In der U-15-nationalmannschaft spielen nur Häuptlinge, durchweg die Topspieler der jeweiligen Vereine. „Wir müssen lernen zusammen zu spielen, schnell passen, die Situationen erkennen, den freien Mitspieler sehen.“Beim Lehrgang in Iserlohn konnten sie der deutschen A-nationalmannschaft zu sehen, gegen das Damen-a-team testen. Das Turnier in La Coruna ist der Saisonhöhepunkt für die U-15-auswahl. Europameisterschaften gibt es erst ab der Altersklasse U 17. Das ist ein Ziel, sagt Gustav Rempke. Doch er alles Schritt für Schritt angehen, wird im Verein von Cheftrainer Robert Kötter behutsam aufgebaut. Und dennoch spielt er schon in den Geraer U-13-, U-15und U-17-mannschaften, weil er es kann, weil er sich an das robustere Spiel der Älteren gewöhnen soll. Als sein sportliches Vorbild nennt er den Spanier Pedro Gil Gomez, ein Rockstar des Rollhockeys. „Gustav hat von klein auf die Rollschuhtechnik verinnerlicht, muss nicht mehr auf die Rollen schauen, kann an seiner Schlagtechnik feilen, taktische Dinge lernen“, sagt Enrico Rhein.
Und einen ersten Sponsor hat der U-15-nationalspieler auch schon: Robert Sindermann, Geschäftsführer der Wohnwert Verwaltungsgesellschaft mbh. Der Geraer kommt vom Sport, trainierte bis zur Wende als Ringer in Jena am Sportgymnasium, kämpfte in der zweiten Bundesliga. „Das Geld bleibt ja in der Familie“, sagt er, „ich bin sein Onkel und helfe mit dem Sponsoring, bei den Flug- und Fahrtkosten und auch bei der Materialbeschaffung.“Schläger, Rollen und Stopper kosten Geld. Wenn Gustav Rempke nicht auf Rollen steht, ist er mit dem Mountainbike unterwegs oder frönt seiner zweiten Leidenschaft – dem Scooter Stunt, vollführt auf dem kleinen Roller im Skaterpark die tollsten Sprünge. Ob er sich denn konkrete Ziele stelle oder ein großes vor Augen hat? „Ich habe mir gewünscht, einmal Nationalmannschaft zu spielen. Mein zweiter großer Wunsch ist es, in der Bundesliga aufzulaufen. Den Bundesadler auf der Brust trägt er schon und sein Mitwirken in der Bundesliga ist wohl nur eine Frage der Zeit.