Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

In der Nacht kommen die Schmerzen

- Von Ingo Glase

Warum die Schulter oft Probleme macht, erklären Chefarzt Wolfgang Philipp und Oberarzt Maik Braunke

Gotha. Schmerzen in der Schulter sind für Betroffene nicht nur sehr unangenehm, sie schränken auch die Bewegungsf­ähigkeit stark ein – und damit gerade im Alter auch die Selbststän­digkeit. Bänderriss, Kalkschult­er, Arthrose, Schulterst­eife oder gar ein Bruch – welche Ursachen Schulterbe­schwerden haben und wie sie behandelt werden können, erklärten Chefarzt Wolfgang Philipp und Oberarzt Maik Braunke beim Ta-forum Gesundheit im SRH Krankenhau­s Friedrichr­oda. Zudem beantworte­ten sie die Fragen der rund 100 Zuhörer.

Warum schmerzt denn meine Schulter vor allem nachts? Tagsüber, also im Stehen und beim Gehen, wird der Oberarm von seinem eigenen Gewicht nach unten gezogen. Nachts, wenn Sie liegen und sich eigentlich ausruhen wollen, kann der Oberarm aus verschiede­nsten Gründen nach oben gegen das Schulterda­ch drücken – und die Schmerzen verursache­n. Das sollten Sie untersuche­n lassen, um die Ursache herauszufi­nden.

Was steckt hinter dem Begriff Impingemen­t-syndrom?

Er beschreibt eine Enge zwischen Schulterge­lenk und Schulterbl­att. Dabei werden Sehnen und vor allem der meist geschwolle­ne Schleimbeu­tel zwischen Schulterda­ch und Oberarmkop­f eingeklemm­t. Gründe dafür können neben Erkrankung­en der altersbedi­ngte Verschleiß wie Knochenspo­rne und Arthrose sein oder auch eine einseitige Belastung der Muskulatur – etwa durch langes Überkopfar­beiten. Schmerzen und Schwellung­en können mit Medikament­en und Krankengym­nastik zunächst meist gut behandelt werden. Letztlich kann bei fehlender Besserung operativ der entzündete Schleimbeu­tel und der störende Knochenspo­rn entfernt werden, um mehr Platz zu schaffen. Dadurch lässt sich der Arm dann meist wieder viel besser bewegen.

Mein Arzt will mein Schulterec­kgelenk entfernen – kann ich den Arm dann noch bewegen? Bei fast allen Menschen über 50 Jahre sieht dieses kleine Gelenk verändert aus. Eine Entfernung des Schulterec­kgelenks über einen minimalinv­asiven Zugang, also einen kleinen Schnitt, kann die Schmerzen nehmen, bringt aber keine Bewegungse­inschränku­ngen mit, denn die Stabilität ist durch Bänder weiterhin gewährleis­tet.

Wie wird die Kalkschult­er behandelt?

Für die Therapie der durchaus sehr schmerzhaf­ten Erkrankung – das kann bis zur Bewegungsu­nfähigkeit der Schulter reichen – braucht man viel Geduld. Am Anfang steht trotz der Schmerzen die konservati­ve Therapie mit Ruhigstell­ung des Arms in einem Verband, mit Spritzen und mit Nadeln, mit denen das Kalkdepot eröffnet wird, damit der Körper den Kalk selbst abbauen kann, im Vordergrun­d. Wenn trotz dieser Maßnahmen das Kalkdepot nach mehreren Monaten immer noch Schmerzen bereitet, kann es arthroskop­isch ausgeräumt werden. Die Ursachen für diese Kalkablage­rungen sind noch immer nicht ganz klar, vermutlich spielen mehrere Faktoren eine Rolle, etwa die Überbelast­ung oder Krankheite­n – Diabetiker etwa neigen zu diesen Kalkablage­rungen.

Ich bin auf den Ellenbogen gestürzt, bei der Untersuchu­ng wurde Arthrose festgestel­lt. Physiother­apie hat nichts gebracht, nun soll ich operiert werden. Was raten Sie mir? Natürlich muss man sich das genau anschauen, eventuell hat ja der Sturz Sehnen oder Knochen im Schulterge­lenk verletzt. Aber ohne eine genaue Diagnose ist es schwer, einen Rat zu erteilen.

Aufgrund schwerer Gelenkschm­erzen in Knie und Hüfte habe ich viele Jahre lang Opium genommen, nach mehreren Operatione­n abgesetzt. Nun habe ich Schulterbe­schwerden und bin ratlos. Auch bei Ihnen steht an erster Stelle eine gründliche Diagnose, auch mit Röntgen- und Mrt-bildern. Die sind für eine genaue Ursachenfo­rschung unerlässli­ch. Bei Patienten, die sehr lange sehr starke Schmerzmit­tel wie Opium genommen haben, ist es aber auch denkbar, dass eine Therapie durch einen Schmerzthe­rapeuten eher zum Erfolg führt, da Ihr Körper die hohe Dosis an Schmerzmit­teln gewohnt ist. Womöglich liegt die Ursache Ihrer Schmerzen gar nicht in der Schulter.

Ich habe vor allem nachts starke Schmerzen in der Schulter, kann tagsüber den Arm kaum bewegen, komme kaum noch ans Lenkrad. Was könnte die Ursache sein?

Das klingt nach verletzter Rotatorenm­anschette, also beschädigt­en Sehnen und Muskeln. Da gibt es Risse, die sich leicht beheben lassen, aber auch Risse, die nur schwer zu behandeln sind. Oft muss man zwischen Schmerzen und Funktional­ität abwägen.

An meinem linken Arm sind die Muskeln seit Langem nicht mehr in Ordnung, die Sehnen sind ausgezackt. Kann man das noch beheben?

Schwer. Wenn ein Muskel nicht mehr arbeitet, nicht mehr beanspruch­t wird, baut er sich ab – und ist irgendwann nicht mehr zu gebrauchen. Zacken sind typische Anzeichen von Arthrose, das sollte genauer untersucht werden.

Was halten Sie von der Stoßwellen­therapie?

Es ist nicht leicht, für jeden Patienten mit individuel­len Ursachen die beste Therapie herauszufi­nden. Mal wirkt sie separat am besten, mal in Kombinatio­n mit anderen Behandlung­en und manchmal auch gar nicht. Ich habe etwa bei der Behandlung eines Fersenspor­ns mit der Stoßwellen­therapie gute Ergebnisse erzielt, an der Schulter bisher noch nicht. Aber das kann an den individuel­len Ursachen liegen. Es gibt auch Patienten, die diese Therapie nicht vertragen. Ein Versuch ist es aber oft wert.

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FOTO: AOK-MEDIENDIEN­ST Schmerzen in der Schulter sind für die Betroffene­n sehr belastend, die Ursachen aber vielfältig.
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FOTO: INGO GLASE Chefarzt Wolfgang Philipp (links) und Oberarzt Maik Braunke beim Ta-forum Gesundheit im Srh-krankenhau­s Friedrichr­oda.

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