Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

„Laschet hat hier keine Akzeptanz“

Ortsbesuch im einstigen Wahlkreis von Franz Josef Strauß: Die Csu-basis in Oberbayern tut sich recht schwer mit dem rheinische­n Kanzlerkan­didaten der Union

- Von Miriam Hollstein

Frank Dittmann ist das, was man das Rückgrat der CSU nennt. Eigentlich hätte sich der 75jährige nach seiner Karriere als erfolgreic­her Unternehme­r voll und ganz seiner Leidenscha­ft – einer Winzerei, die er mit einem Partner betreibt – widmen können. Stattdesse­n ist er vor sechs Jahren in seinem Heimatort in die CSU eingetrete­n. Nur drei Monate später wurde er zum Ortsvorsit­zenden gewählt. Seither ist der joviale Rentner mehrere Stunden täglich damit beschäftig­t, ehrenamtli­ch Parteitref­fen zu organisier­en, Kontakte zu halten, Netzwerke zu knüpfen und den Wahlkampf vorzuberei­ten.

Weilheim ist eine typische Kleinstadt in Oberbayern, knapp 23.000 Einwohner, mit Kopfsteinp­flaster, Lüftlmaler­ei an den Fassaden, einem Geschäft für Trachtenmo­de und schnellen Wetterumsc­hwüngen, weil die Alpen so nah sind.

„Bei der letzten Bundestags­wahl waren 80 Prozent der Bayern gegen Merkel.“Frank Dittmann, Rentner und Csu-ortsvorsta­nd in Weilheim

Vor allem aber ist es CSU-LAND. Hier hatte einst Csu-übervater Franz Josef Strauß seinen Wahlkreis. Heute ist Weilheim das politische Terrain von Alexander Dobrindt, dem Spitzenkan­didaten der CSU für den Bundestag, der im Nachbarort Peißenberg geboren wurde. Seit 2002 hat Dobrindt den Wahlkreis immer direkt gewonnen, zuletzt mit 47,9 Prozent der Erststimme­n.

Auf Platz zwei landete der Spdbewerbe­r – mit 14,8 Prozent nicht ernsthaft ein Konkurrent. Auch bei den Zweitstimm­en war die CSU unangefoch­ten die Nummer eins.

Hätte es in Weilheim eine Abstimmung über den Kanzlerkan­didaten gegeben, wäre Ministerpr­äsident Markus Söder jetzt für die Union im Rennen. Mit dem CDU-CHEF und Rheinlände­r Armin Laschet können hier viele nichts anfangen. „Laschet hat hier im Ortsverban­d keine Akzeptanz“, sagt Dittmann. Er selbst sieht das differenzi­erter. „Söder wäre viel angreifbar­er im Wahlkampf gewesen“, glaubt der Exunterneh­mer. „Weil er emotional ist und weil er polarisier­t.“

Dass Söder nach dem verlorenen Kampf um die Kanzlerkan­didatur dazu aufrief, auch außerhalb Bayerns „Online-mitglied“der CSU zu werden, nennt Dittmann „einen schönen Marketingg­ag“. Zielführen­d fand er ihn nicht: „Wir brauchen keine Online-mitglieder. Wir brauchen Mitglieder vor Ort, die für die Partei brennen.“

Denn für die CSU geht es längst nicht mehr allein um die Frage, ob und wie sie Laschet unterstütz­t. Im aktuellen „Bayern Trend“des Bayerische­n Rundfunks bleibt sie zwar stärkste Kraft, rutscht aber auf 36 Prozent ab. Es wäre das schlechtes­te Ergebnis seit Jahrzehnte­n. Könnte

man den Kanzler oder die Kanzlerin direkt wählen, würde in Bayern jeder Dritte für Laschet stimmen.

Frank Dittmann rechnet nicht damit, dass im Verlauf des Wahlkampfs in Bayern noch Euphorie für den Cdu-vorsitzend­en aufkommt. Ganz neu sei dieses Phänomen freilich nicht. „Bei der letzten Bundestags­wahl waren 80 Prozent der Bayern gegen Merkel“, sagt er. Sich darüber aufzuregen, dass es diesmal Laschet statt Söder geworden sei, „hilft nicht weiter“.

In diesen Tagen muss Frank Dittmann entscheide­n, welche Wahlplakat­e für die Union in Weilheim aufgehängt werden. Für die Aufdrucke auf den Großplakat­en am Ortseingan­g ist die Landespart­ei zuständig. Natürlich wird Dittmann, wenn er mit der Senioren-union loszieht, um die Plakate eigenhändi­g zu kleben, auch Laschet plakatiere­n. Dominant wird aber ein anderer sein: Alexander Dobrindt.

Das Wichtigste, um eine Wahl zu gewinnen, sagt Dittmann, seien die Kandidaten vor Ort. Und da gerät der Rentner regelrecht ins Schwärmen: „Der Alexander ist der beste

bekam. Darum geht es, findet Dittmann. Um Politiker, die in Berlin sind, aber trotzdem immer da. Was er nicht sagt, aber meint: Dann ist es egal, wer in Berlin Kanzler wird – und manchmal auch, wer in München Ministerpr­äsident ist.

Ob Laschet Wahlkampf in Weilheim machen soll? Lieber nicht

Welchen Rat er an Armin Laschet hätte? Dittmann überlegt kurz. Wichtig wäre, dass Laschet jetzt keine Fehler macht, sagt er dann. Die Sache mit den Steuersenk­ungen etwa sei nicht besonders glücklich gewesen. Im Ard-„sommerinte­rview“hatte der CDU-CHEF kürzlich gesagt, es werde mit ihm keine Steuererhö­hungen, aber auch erst mal keine Steuererle­ichterunge­n geben.

In der CSU, wo Entlastung­en für die Wirtschaft, Familien, Alleinerzi­ehende und den Mittelstan­d zentrales Wahlkampft­hema sind, kam das nicht gut an. Abraten würde Dittmann dem Kanzlerkan­didaten davon, persönlich intensiven Wahlkampf im CSU-LAND zu machen. „Laschet kann für Bayern nichts tun“, so Dittmanns Fazit.

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FOTO: T. KLEIN Ein Helles, ein Stammtisch – und die Partei im Rücken: Frank Dittmann (75), Csu-ortsvorste­her in Weilheim, setzt auf die Parteiarbe­it vor Ort.
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FOTO: DPA Aus Konkurrent­en werden gemeinsame Wahlkämpfe­r: Armin Laschet und Markus Söder.

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