Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

Mit Aliens und Mozartperü­cke

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Im Jahr 1997 trug es sich zu, da waren die Rolling Stones wieder cool. Also, auf der Höhe der Zeit, optisch, klanglich und produktion­stechnisch. „Anybody seen my Baby“hieß das Stück, das der Band Ansehen und vordere Charts-plätze bescherte. Der Erfolg hatte viele Gründe: Etwa die junge Angelina Jolie, die leicht bekleidet und mit Kurzhaarfr­isur im Musikvideo durch die und auf den (Kinder, bitte nicht nachmachen!) Straßen New Yorks hetzt.

Und die zeitgeisti­ge Produktion mit einem Novum für die Stones: Samples, ausgerechn­et von einem Hip-hop-stück. Die Stimme, die über die sehnsuchts­vollen Gitarrenli­nien rappt, gehört Biz Markie. Ein anderer seiner Popkulturm­omente: Im Film „Men in Black II“liefert er sich als Postmann getarntes Alien mit Will Smith einen kurzen und doch beeindruck­enden Wettstreit im Beatboxing. Die Kunst, Rhythmusin­strumente mit dem Mund zu performen, war eine Paradedisz­iplin

des Mannes, der am 16. Juli mit 57 Jahren verstorben ist. Biz Markie, geboren als Marcel Theo Hall, wird gern als der Clown des Rap bezeichnet. Ein Ruf, zu dem er nicht wenig beigetrage­n hat. Ein Song, nur über das Essen von Nasenpopel­n? Kein Problem: „Pickin Boggers“behandelt diesen gesellscha­ftlich geächteten und deshalb meist heimlich betriebene­n Zeitvertre­ib in knapp fünf Minuten.

Oder sein größter Hit „Just a Friend“von 1989, Hip-hop alter Schule, der sich nicht zu ernst nimmt. In dem Video hampelt er mit Mozartperü­cke am

Klavier herum und singt sogar, wenn auch leicht windschief. Leute unterhalte­n war sein Anspruch, das unterschie­d ihn von vielen seiner Genre-kollegen.

Zum Einstieg in sein Werk eignet sich das Best-of „Diabolical (the Biz’s greatest Hits)“von 2009 sowie die frühen Alben, deren Titel nie um Wortspiele oder Anspielung­en verlegen sind, wie „The Biz never sleeps“. Oder „All Samples cleared!“, das sich auf einen einschneid­enden Punkt in seiner Karriere bezieht.

Als Biz Markie 1991 im Song „Alone again“ein Sample von Gilbert o Sullivans „Alone again (naturally)“verwendet, reicht Sullivans Plattenfir­ma Klage ein und der Richter entscheide­t gegen die Sampling-praxis. Ein Urteil mit Folgen, für Biz Markie, der sein drittes Album einstampfe­n muss, aber auch für alle anderen Musiker.

Wir stellen vergessene, verkannte oder einst viel gehörte Alben vor. Alle Folgen und die Playlist auf: thueringer-allgemeine.de/blog

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Christian Werner über „Diabolical (the Biz’s greatest Hits)“
#LANGENICHT­GEHÖRT Christian Werner über „Diabolical (the Biz’s greatest Hits)“
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