Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Würde gerne im Kloster leben
„Tatort“-schauspieler Miroslav Nemec (67) kann sich ein Leben hinter Klostermauern vorstellen. „Ich würde gern hier wohnen. Mit vielen Menschen, die ich gern mag – das wäre dann eine riesengroße Wohngemeinschaft“, sagte Nemec dem „Münchner Merkur“bei Dreharbeiten im früheren Kloster Reisach in Oberbayern. Sein Filmpartner Udo Wachtveitl (62) winkt hingegen ab: „Mir wär so eine WG zu groß.“
Der lange Lockdown mit den Auftrittsverboten hat offenbar bei einigen Künstlern die Nerven ausgedünnt. Am Freitagabend brach Helge Schneider ein Konzert in Augsburg ab, bei dem die Zuschauer als Teil der Hygieneschutzmaßnahmen in Strandkörben saßen. Er habe „keinen Kontakt“zum Publikum aufbauen können, klagte der Entertainer auf der Bühne. Sonntagabend war es Nena (61), die bei einem Open-air-konzert bei Berlin deutlich machte, was sie von den Hygienemaßnahmen hält, die ihr den Auftritt überhaupt erst ermöglichten: nichts.
„Holt euch eure Freiheit zurück“, ruft sie, als ihr erster Hit „Nur geträumt“auf dem Programm steht. Dann fordert sie die Fans auf, nach vorne zur Bühne zu kommen. Und tatsächlich wird es voll am Bühnenrand, die Stimmung steigert sich. Das Problem: Die Zuschauer wurden zuvor auf Boxen verteilt, die durch Getränkekisten abgegrenzt sind und in gebührendem Abstand voneinander entfernt stehen. „Sie haben gedroht, dass sie die Show abbrechen, wenn ihr nicht in eure Boxen geht“, sagt sie später. Und legt bittere Ironie in das Wort „Boxen“, als wolle sie eigentlich „Gefängnisse“sagen. Die Menge johlt. „Ich überlasse es eurer Verantworob ihr das tut oder nicht. Das darf jeder genauso frei entscheiden, wie er entscheiden darf, ob er sich impfen lässt.“
Die Sängerin rennt mit dieser Bemerkung bei einem Teil des Publikums offene Türen ein – zustimmender Jubel. Das Ganze werde politisiert, und das sei „völlig ätzend“, sagt Nena weiter. „Gestern war Christopher Street Day. Und es war völlig okay, dass 80.000 Leute eng aneinander auf der Straße waren. Also schaltet den Strom aus. Oder holt mich mit der Polizei hier runter.“Nena redet sich in Fahrt, sagt: „Ich habe die Schnauze voll davon.“Die Frage sei nicht, was wir dürfen, sondern was wir mit uns machen lassen.
„Wer auch nur Nena zitiert, reproduziert gefährlichen Unsinn.“Micky Beisenherz, Moderator
Die Stimmung wird wieder friedlicher. Die Zuschauer am Bühnenrand tanzen eng zusammen, umarmen sich. Auf die Ordnerinnen und Ordner achtet keiner. Bei ihrem Hit „99 Luftballons“hüpfen bunte Ballons durchs Publikum. Danach erklärt Nena, dass die übliche Zugabe ausfalle. Der Veranstalter der „Unter freiem Himmel“-konzertreihe – und nicht wie auf Twitter behauptet das Ordnungsamt – bricht das Konzert nach der Kernzeit ab. Das Ordnungsamt in Schönefeld erklärte, man habe aus Ermessensgründen keine Polizei eingeschaltet, um das Konzert zu stoppen, zumal sich die Lage zwischendurch immer wieder beruhigte.
Auch Prominente mischen in der Diskussion mit, die inzwischen auf Twitter entfacht ist: „Lieber ein halbes Konzert von Helge als ein ganzes von Nena“, schreibt Kabarettist Florian Schroeder. Moderator Micky Beisenherz warnt, wer Nena zitiere, reproduziere damit auch „gefährlichen Unsinn“. Im Team Nena wiederum: Alice Weidel. Die Afdpolitikerin setzt unter einen Videobeitrag, in dem sie vor der Diskriminierung Ungeimpfter warnt, den Hashtag #Nena.
Veranstalter war stolz auf sein Boxen-konzept
Weltstar Nena kann sich Rebellion leisten. Sie gefährdet jedoch die Auftritte von Künstlern mit weniger Ressourcen. Und auch für den Veranstalter als Teil einer gebeutelten Branche bedeutet der Auftritt unnötigen Ärger. Er möchte sich nicht äußern und verweist auf einen Artikel des „Tagesspiegel“. Dort ist zu lesen, man sei stolz auf das selbst ertung, dachte Hygienekonzept. Die Boxen würden ausreichend Platz und frische Luft garantieren. In einem Blog berichteten die „Unter freiem Himmel“-macher schon vor Wochen, sie setzten auf Ideen, um Künstlern auch in widrigen Zeiten Auftritte zu ermöglichen.
Ordnungsamt-sprecher Hilmarziegler sagte, man bespreche sich jetzt mit dem Gesundheitsamt. Die Konzertreihe könne aber so weiterlaufen, von den anderen Musikern seien keine Schwierigkeiten zu erwarten. „Nena ist schon eine sehr spezielle Künstlerin“, sagt er. Und klingt erschöpft.