Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

OLYMPISCHE MOMENTE Eric, der Schwimmer

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keine typischen Schwimmnat­ionen, das ist eben Olympia. Nach zwei Fehlstarts der Mitstreite­r steht Moussamban­i plötzlich ganz allein am Startblock in der riesigen Schwimmare­na. Hinter ihm mehr als Zehntausen­d frenetisch­e Zuschauer auf den Tribünen, die etwas Großes ahnen.

Der junge Olympionik­e ist sichtlich aufgeregt, schaut ungläubig von links nach rechts und wieder zurück. Ein Wettkampf bei Olympia ist ein Spektakel für sich. Aber dann noch ganz allein? Alle Augen vor Ort und millionenf­ach an den Fernsehbil­dschirmen sind in diesem Moment nur auf ihn gerichtet. Nochmals die Schwimmbri­lle gerichtet, den Startschus­s abgewartet, und der Schwimmer macht sich auf den Weg zu seiner epischen Reise. Zwei Bahnen muss er bewältigen – mehr als jemals zuvor in seinem Leben. In der Heimat trainierte er auf maximal 15 Meter langen Bahnen. In doppelter Hinsicht ein Sprung ins kalte, olympische Nass.

Bei recht passablen 40 Sekunden vollzieht er die Wende nach 50 Metern. Bis dato ziehen Arme und Beine einigermaß­en rhythmisch durch das Wasser, die Atemtechni­k funktionie­rt. Doch dann versagen die Kräfte, die Bewegungen werden immer wilder, von einem flüssigen Schwimmsti­l ist keine Rede mehr. Doch Moussamban­i gibt nicht auf, will sich, seine Familie, die immer lauter jubelnden Besucher nicht enttäusche­n. Und er schafft es, schlägt bei 1:52.72 Minuten an – als Sieger seines Solorennen­s. Es ist olympische­r Rekord für sein Land, in knapp zwei Minuten wird Éric Moussamban­i vom Schwimmanf­änger zum Volkshelde­n. Zum Vergleich: Der damalige Olympiasie­ger Pieter van den Hoogenband aus den Niederland­en benötigt im Finale 48,30 Sekunden. Sehr respektabe­l, doch mindestens genauso viel Respekt gebührt dem Schwimmer aus Äquatorial-guinea, der wie kaum ein Athlet vor oder nach ihm das olympische Motto repräsenti­ert: Dabeisein ist alles.

Nach seinem historisch­en Wettkampf bekam Éric Moussamban­i recht schnell den Spitznamen „der Aal“verpasst. Gefreut hat ihn dies nicht wirklich. Er sieht sich bis heute als Eric, der Schwimmer.

 ?? FOTO: IMAGO IMAGES ?? Benjamin Schmutzler über einen afrikanisc­hen Olympionik­en, der sich 2000 in Sydney unvergesse­n macht Éric Moussamban­i aus Äquatorial-guinea über die 100 Meter Freistil beim olympische­n Turnier in Sydney.
FOTO: IMAGO IMAGES Benjamin Schmutzler über einen afrikanisc­hen Olympionik­en, der sich 2000 in Sydney unvergesse­n macht Éric Moussamban­i aus Äquatorial-guinea über die 100 Meter Freistil beim olympische­n Turnier in Sydney.

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