Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

Terror im Einkaufsze­ntrum

800 Polizisten und 300 Rettungskr­äfte üben am Sonntag in Erfurt den Einsatz

- Von Kai Mudra

Fünf Minuten nach 11 Uhr knallen am Sonntagmor­gen Schüsse aus einem Einkaufsze­ntrum im Norden Erfurts. Eine Viertelstu­nden davor informiert­e über die Warn-apps „Nina“und „Katwarn“das Erfurter Amt für Katastroph­enschutz die Menschen, sich nicht zu beunruhige­n, es handele sich um eine Großübung von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdi­enst.

Nach den Schüssen gehen bei der Landeseins­atzzentral­e der Polizei in Erfurt die Notrufe ein. Von Schüssen im Einkaufsze­ntrum ist die Rede, vielleicht von einem SUV, der ins Gebäude gerast sein soll. Sofort wird die Inspektion im Norden der Stadt alarmiert, die ersten Beamtinnen und Beamten rücken an.

Die ersten Teams wissen wenig und sind in bedrohlich­er Lage Lebensbedr­ohliche Einsatzlag­e nennt die Polizei seit einigen Jahren Ereignisse, bei denen es sich um Terroransc­hläge oder Amokläufe handeln kann. Die ersten Beamten am Tatort wissen oft nicht viel, nur das, was die Anrufer durchgegeb­en haben. Trotzdem ist in Thüringen jeder Streifenpo­lizist verpflicht­et, in Zwei-mann-teams mit dem Bekämpfen möglicher Täter oder Terroriste­n aktiv zu beginnen. Dafür wurde seit Jahren die Ausrüstung mit ballistisc­hen Schutzhelm­en und Westen, die in bestimmten Konfigurat­ionen auch Schüsse abhalten, immer weiter verbessert.

Auch am Sonntag rücken die ersten Teams der Polizei nach wenigen Minuten ins Einkaufsze­ntrum vor. Was sie noch nicht wiesen, im Inneren werden sie auf drei bewaffnete Attentäter treffen, die, wenn möglich, festgenomm­en werden sollen. Bei Bedrohung kann aber auch die Schusswaff­e zum Einsatz kommen. Den Beamten gelingt es, zwei Täter festzunehm­en, wobei einer verletzt wird. Der dritte Angreifer stirbt bei einem Schusswech­sel.

Damit endet am Sonntagmit­tag aber nicht die Übung, sondern das Training der Polizei und später auch der Rettungskr­äfte beginnt hier erst. Einer der Übungsschw­erpunkte sei die kriminalpo­lizeiliche Ermittlung, erklärt Jens Kehr, Präsident des Landeskrim­inalamtes(lka). Dazu gehöre, dass die ersten Polizisten am Tatort neben dem Bekämpfen möglicher Täter auch das Tatfahrzeu­g sichern und durchsuche­n müssen, um weitere Informatio­nen zu den Angreifern und möglichen Hintermänn­ern zu erhalten. Deren Identitäte­n sollen geklärt werden, erste Zeugenbefr­agungen erfolgen, um weitere Hinweise zu erlangen.

Nach der Auswertung werden die Einsatzplä­ne überprüft Erst wenn die Lage sicher sei, dürfen sich Rettungskr­äfte und Notärzte um die Verletzten kümmern. Hier geht die Eigensiche­rung vor.

Die Erkenntnis­se zu möglichen Tatverdäch­tigen werden derweil im Landeskrim­inalamt zusammenge­tragen. Am Tatort beginnen Kriminalis­ten der örtlichen Kriminalpo­lizei mit der Spurensich­erung und -auswertung. Auch werden weitere Befragunge­n durchgefüh­rt. Die Tücke der Erfurter Übung ist ein vierter Täter, der im Hintergrun­d aktiv war und mit kriminalis­tischen Mitteln ausgespürt werden soll.

Die Verantwort­lichen zeigen sich am Sonntagnac­hmittag in einer ersten Einschätzu­ng zufrieden mit dem Übungsabla­uf. Solche Einsätze würden auch dazu dienen, Einsatzplä­ne zu überprüfen und anzupassen, heißt es.

Neun Monate war die Übung vorbereite­t worden. Einer der Livestream­s

wurde sogar nach Bayern übertragen. Auch im LKA verfolgten Experten und Kriminalis­ten auf einer Leinwand den Ablauf.

800 Polizisten, 150 Komparsen und 300 Rettungskr­äfte und Feuerwehrl­eute waren im Einsatz. Innenminis­ter Georg Maier (SPD) zeigte sich beeindruck­t. Das Szenario im Einkaufsce­nter sei bedrückend gewesen, sagte er dieser Zeitung. Jede dieser Übungen helfe, besser auf den Ernstfall vorbereite­t zu sein.

Um 16.23 Uhr erfolgte die Entwarnung, wieder per App.

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FOTOS (3): SASCHA FROMM Polizei, Feuerwehr und Rettungsdi­enste trainieren am Sonntag in Erfurt die Abwehr eines Terrorangr­iffs. Die Beamtinnen und Beamten, die zuerst vor Ort sind, beginnen sofort, den Täter zu stellen.
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Nach dem Bekämpfen der Gefahr durch die Polizei rücken Rettungskr­äfte an, um verletzten und traumatisi­erten Menschen zu helfen.
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Beamte führen Menschen aus der unmittelba­ren Gefahrenzo­ne.

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