Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Woran die Ampel jetzt noch scheitern kann
Schon diese Woche könnten die Verhandlungen starten. Leicht wird das nicht – aus mehreren Gründen
SPD und Grüne haben bereits Ja zu Koalitionsverhandlungen für das Ampel-bündnis gesagt, die FDP will an diesem Montag mit Vorstand und Partei darüber beraten. Es gilt als wahrscheinlich, dass die Liberalen ebenfalls zustimmen. Damit ist der Weg frei für Koalitionsverhandlungen.
Die Grünen entschieden sich am Sonntag mit nur zwei Gegenstimmen und einer Enthaltung für den Eintritt in Verhandlungen. „Wir sind in einer Hoffnungszeit angekommen“, sagte Grünen-parteichef Robert Habeck am Sonntag und appellierte an seine Partei, Gesprächen zuzustimmen: Die Chance, dass es ein großer Gewinn werde, für die Grünen und für Deutschland, „die ist mit den Händen zu greifen“. Also alles schon in trockenen Tüchern? Nein. Es gibt viele Felder, auf denen das erste Ampel-projekt im Bund scheitern könnte. Das sind mögliche Sollbruchstellen:
Lindner als künftigem Finanzminister nachdachten: „Wer Zweifel daran hat, dass das alles gelingt – die Finanzierung der Vorhaben ohne Steuererhöhung und ohne neue Schulden –, der muss doch wollen, dass Christian Lindner Finanzminister wird, um zu dokumentieren, dass das funktioniert“, sagte FDP-VIZE Wolfgang Kubicki.
Offene Konflikte
Einige Klippen haben die Parteien fürs Erste umschifft, in dem sie manche Themen einfach ausgespart haben in ihrer öffentlichen Bilanz. Da ist zum Beispiel der höhere Co2-preis, den die Grünen eigentlich wollen, der sich im Papier allerdings nicht findet – nur ein Hinweis darauf, dass man das entsprechende deutsche Gesetz, aber auch den Eu-emissionshandel im Sinne des Eu-klimaschutzpakets „Fit for 55“überarbeiten wolle. Wie das konkret aussehen soll und wie hoch der Preis am Ende sein wird, ist offen.
Bei Hartz IV konnte man sich zwar auf eine Umbenennung in „Bürgergeld“einigen, bislang aber nicht darauf, ob das auch höhere Sätze bedeutet.
Und auch Nordstream 2 fällt in diese Kategorie. Die Pipeline ist gemeint mit dem letzten Satz des Sondierungspapiers: „Für energiepolitische Projekte auch in Deutschland gilt das europäische Energierecht.“Ein Hinweis darauf, dass die finale Prüfung von Bundesnetzagentur und EU noch aussteht, bevor die Pipeline ans Netz gehen kann – und dass es unterschiedliche Wünsche zwischen den Koalitionspartnern gibt, wie diese Prüfung ausgehen sollte.
Anfang erst mal gemacht, könnten Durchstechereien das mühsam erreichte Vertrauen schnell wieder zerstören.