Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

Woran die Ampel jetzt noch scheitern kann

Schon diese Woche könnten die Verhandlun­gen starten. Leicht wird das nicht – aus mehreren Gründen

- Von Theresa Martus und Julia Emmrich

SPD und Grüne haben bereits Ja zu Koalitions­verhandlun­gen für das Ampel-bündnis gesagt, die FDP will an diesem Montag mit Vorstand und Partei darüber beraten. Es gilt als wahrschein­lich, dass die Liberalen ebenfalls zustimmen. Damit ist der Weg frei für Koalitions­verhandlun­gen.

Die Grünen entschiede­n sich am Sonntag mit nur zwei Gegenstimm­en und einer Enthaltung für den Eintritt in Verhandlun­gen. „Wir sind in einer Hoffnungsz­eit angekommen“, sagte Grünen-parteichef Robert Habeck am Sonntag und appelliert­e an seine Partei, Gesprächen zuzustimme­n: Die Chance, dass es ein großer Gewinn werde, für die Grünen und für Deutschlan­d, „die ist mit den Händen zu greifen“. Also alles schon in trockenen Tüchern? Nein. Es gibt viele Felder, auf denen das erste Ampel-projekt im Bund scheitern könnte. Das sind mögliche Sollbruchs­tellen:

Lindner als künftigem Finanzmini­ster nachdachte­n: „Wer Zweifel daran hat, dass das alles gelingt – die Finanzieru­ng der Vorhaben ohne Steuererhö­hung und ohne neue Schulden –, der muss doch wollen, dass Christian Lindner Finanzmini­ster wird, um zu dokumentie­ren, dass das funktionie­rt“, sagte FDP-VIZE Wolfgang Kubicki.

Offene Konflikte

Einige Klippen haben die Parteien fürs Erste umschifft, in dem sie manche Themen einfach ausgespart haben in ihrer öffentlich­en Bilanz. Da ist zum Beispiel der höhere Co2-preis, den die Grünen eigentlich wollen, der sich im Papier allerdings nicht findet – nur ein Hinweis darauf, dass man das entspreche­nde deutsche Gesetz, aber auch den Eu-emissionsh­andel im Sinne des Eu-klimaschut­zpakets „Fit for 55“überarbeit­en wolle. Wie das konkret aussehen soll und wie hoch der Preis am Ende sein wird, ist offen.

Bei Hartz IV konnte man sich zwar auf eine Umbenennun­g in „Bürgergeld“einigen, bislang aber nicht darauf, ob das auch höhere Sätze bedeutet.

Und auch Nordstream 2 fällt in diese Kategorie. Die Pipeline ist gemeint mit dem letzten Satz des Sondierung­spapiers: „Für energiepol­itische Projekte auch in Deutschlan­d gilt das europäisch­e Energierec­ht.“Ein Hinweis darauf, dass die finale Prüfung von Bundesnetz­agentur und EU noch aussteht, bevor die Pipeline ans Netz gehen kann – und dass es unterschie­dliche Wünsche zwischen den Koalitions­partnern gibt, wie diese Prüfung ausgehen sollte.

Anfang erst mal gemacht, könnten Durchstech­ereien das mühsam erreichte Vertrauen schnell wieder zerstören.

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