Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

Machtdemon­stration

Fünf Tore in einer Halbzeit: FC Bayern fertigt Leverkusen im Topspiel mit 5:1 ab

- Von Andreas Berten

Fußball-fans haben in der Regel keine guten Worte übrig für den Gegner. In einer beiderseit­s leidenscha­ftlich gehegten Abneigung wissen Verspottet­e im Stadion aber genau, wie schlecht es um ihre Mannschaft steht, wenn aus dem anderen, von Freude erfüllten Fanlager nicht mehr mit Häme auf die Geschehnis­se auf dem Feld reagiert wird, sondern mit Gleichgült­igkeit.

So mussten die Leverkusen­er Anhänger an diesem Sonntagnac­hmittag auch nicht länger als nötig die ihnen wohl bekannten „Ihr werdet nie Deutscher Meister“-gesänge ertragen, die die Fans des FC Bayern um 16.01 Uhr in der gegenüberl­iegenden Ecke der Arena anstimmten. 2:0 führten die Münchener zu diesem Zeitpunkt durch Robert Lewandowsk­i (4./30.). Schon bei den nächsten Toren durch Thomas Müller (34.) und Serge Gnabry (35./37.) verschwand dieser Evergreen von der Münchener Playlist und wurde nur noch einmal in einer moderaten Form beim Bayer-ehrentor durch Patrik Schick (55.) gesungen.

5:0 zur Pause, 5:1 nach 90 Minuten – der FC Bayern rückte mit einer Glanzleist­ung gegen bis zu diesem Spieltag überzeugen­de Leverkusen­er die Verhältnis­se in der Fußballbun­desliga zurecht, die in ihrer Geschichte schon so ziemlich alles erlebt hat. Bis auf eine Leverkusen­er Meistersch­aft natürlich – was auch über die Saison 2021/2022 hinaus Bestand haben dürfte.

„Wenn das ein Test war, haben wir ihn nicht bestanden“, erklärte Bayer-torwart Lukas Hradecky nach der höchsten Leverkusen­er Heimnieder­lage in der Bundesliga. Das Topspiel war für die Außendarst­ellung der höchsten deutschen Spielstars klasse eher kontraprod­uktiv: In der ersten Halbzeit machten die Bayern mit vier Toren in sieben Minuten deutlich, wie konkurrenz­los sie in Deutschlan­d sind, wenn es drauf ankommt. Als sie ein, zwei Gänge zurückstec­kten, hatte das Spiel zwar immer noch Strafraums­zenen, aber eben null Spannung. „Wir hatten unfassbar viele Abschlusss­ituationen“, erklärte selbst Bayern-trainer

Julian Nagelsmann erstaunt. „Sowas“, sagte Hradecky mit einem Kopfschütt­eln, „reicht nicht aus, um in der Bundesliga zu gewinnen.“

Duelle zwischen dem FC Bayern und Leverkusen haben im positiven Sinne einen langen Bart, weil sie fußballeri­sche Delikatess­en sind. Mit dem Aufeinande­rtreffen der beiden 18 Jahre alten Florian Wirtz und Jamal Musiala, für die „Jung

des deutschen Fußballs“mit Abstand die zurückhalt­endste Bezeichnun­g derzeit ist, denen aber kaum mehr als ein bisschen Flaum im Gesicht sprießt, sollte die Rivalität frischen Schwung bekommen.

Aus dem Ansinnen wurde nichts, da einmal für den Münchener Musiala der Arbeitstag erst mit der Einwechslu­ng in der 64. Minute begann und darüber hinaus die Kräfte im Spitzenspi­el so ungleich verteilt waren. Der Rekordmeis­ter war den Hausherren um den indisponie­rten Kouakou Kossounou, Nadiem Amiri und Paulinho in allen Belangen überlegen. Und Wirtz, dem Joshua Kimmich rund um den Mittelkrei­s nicht von der Pelle rückte, wurde vor seiner Auswechslu­ng in der 79. Minute auch nur durch die Vorarbeit zum 1:5 wahrgenomm­en.

Was sonst eine entbehrlic­he Floskel ist, hatte aus Leverkusen­er Sicht an diesem Sonntag traurige Berechtigu­ng: „Die erste Halbzeit war brutal. Der Sieg der Bayern war auch in der Höhe verdient“, erklärte Bayertrain­er Gerardo Seoane erkennbar niedergesc­hlagen. Leroy Sané wirbelte die Bayer-abwehr durcheinan­der, Gnabry tänzelte durch die löchrigen Reihen, Lewandowsk­i beendete seine temporäre Krise von zwei Bundesliga-partien ohne Treffer gar mit einem Hacken-traumtor.

„Fünf Tore in 45 Minuten, das belegt, was für einen Fußball wir gespielt haben“, so der Weltfußbal­ler. Mit seinem Doppelpack schloss Lewandowsk­i in der Torjägerli­ste wieder zu Dortmunds Erling Haaland auf und erinnerte an den einzigen Gegner im Titelkampf: Am 4. Dezember spielt Bayern in Dortmund. Der BVB, mit einem Punkt Rückstand Zweiter, wird sich dann so oder so nicht „Ihr werdet nie Deutscher Meister“anhören müssen.

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FOTO: GETTY Sieger-faust: Joshua Kimmich feiert mit Robert Lewandowsk­i.

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