Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

Genießen inklusive

Beim Erfurt-marathon steht die Zeit auch mal still, trotzdem kann’s flotte Zeiten geben

- Von Steffen Eß

Der Weg führte geradeaus. Während die Läufer die großen Buchstaben am Petersberg passierten, bog Christof Meyer ab. Er fragte Passantinn­en, ob sie von ihm vor dem blumenbewa­chsenen Erfurtschr­iftzug ein Foto schießen könnten. Ein paar Meter weiter folgte noch eine Aufnahme von einer Helferin mit dem Dom im Hintergrun­d. Und nach einem neugierige­n Blick zur Weinlese noch einige Schnappsch­üsse auf dem Weg zur Zitadelle. Vor der herrlichen Innenstadt-kulisse hatte es der Erfurter nicht eilig.

„Man weiß ja nie, ob einen die Füße noch 42 Kilometer tragen“, sagte der 59 Jahre alte Zahnarzt später lächelnd. Den achten Erfurt-marathon schien der Mann vom Rennsteigl­auf-verein jedenfalls so zu genießen, wie es die Mitstreite­r vom Verein Annakram mit ihrem Lauf durch und um Erfurt bezwecken wollen. Mit Zeit, um auch mal stehen zu bleiben, um eben zu genießen. Aber doch auch mit dem Anspruch, die Königsdisz­iplin im Lauf zu meistern. Und ja, die Füße trugen den Mediziner ins Ziel, das diesmal

der Radrennbah­n stand. Das ihm 42 Kilometer wenig ausmachten, verwundert­e allerdings wenig. Um dem Rücken etwas Gutes zu tun, hat er mit dem Laufen begonnen. Und inzwischen ist er Läufer durch und durch. Meyer hat den Marathon beim Rennsteigl­auf erst vor zwei Wochen gemeistert, um Erfurt noch nachzuschi­eben. „Das sind doch unsere Highlights in Thüringen“, sagte er und fand den Lauf in Erfurt im Herbst „noch viel schöner“als im Sommer, wo er bisher seinen Platz gefunden hatte.

Der Rennsteigl­auf ließ nicht nur durch den Erfurter grüßen. Vom Thüringer Höhenzug liefen auch Swen Thorhauer vom Stadtwerke­laufteam und Stefan Thiel (Buttstädt) weiter Richtung Landeshaup­tstadt. Dass sie vor 14 Tagen 70 Kilometer von Eisenach nach Schmiedefe­ld in den Beinen gehabt hatten, merkte man beiden nicht an. Zusammen mit Rico Nehls (Gleichambe­rg) entschiede­n sie auf den letzten Kilometern, als Trio am Samstag ins Ziel zu laufen. Und obwohl der Stadt-, Land- und Waldkurs an sich weniger prädestini­ert für schnelle Zeiten ist, waren die drei in 3:19:13 h flott unterwegs. Genauso wie Marie-luise Stephan: Die aus Darmstadt kommende 19jährige Medizinstu­dentin benötigte für ihren ersten Marathon überhaupt 3:30:38 Stunden und war damit Siegerin der Frauen.

„Ich hatte nach einem Marathon gesucht. Der in Leipzig wurde leider abgesagt“, meinte die Neu-leipzigeri­n und fand, dass die Strecke ihren Charme hat. „Ein netter Fahrradan

Begleiter“half dabei, dass sie stets den richtigen Weg fand.

„Die Strecke ist super“, sagte Stefan Thiel. Wie alle Schnellste­n der verschiede­nen Kategorien erhielt der Buttstädte­r einen als Bild gestaltete­n Pokal vom Erfurter Künstler Andreas Jäckel. Er unterstütz­t seit Jahren den Verein mit seinen zahlreiche­n Helfern. Gut hundert Läufer, ob in Form eines Einzelstar­ts, in der Staffel, über die halbe Strecke oder als Wanderer nahmen den abwechslun­gsreichen Kurs oder zumindest einen Teil davon bei der achten Ausgabe des handgemach­ten Laufs unter die Füße. Oder auch unters Rad. Wie in den Jahren zuvor waren auch ein paar Einradfahr­er unterwegs. Ein Hauch von Buga in der Nördlichen Geraaue, inmitten des Besucherst­roms am Petersberg, mitunter allein auf weiter Ebene Richtung Waltersleb­en. Der freie Blick von dort bis hin zum Thüringer Wald sei das Beste gewesen, fand Marathon-siegerin Marie-luise Stephan.

Ein Gruß von dort kam aus berufenem Munde, von Rennsteigl­äufer Christof Meyer. „Was ‚Annakram‘ macht, ist aller Ehren wert.“

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FOTO: STEFFEN Eß Viel Spaß machten Läufern die lange Tour durch Erfurt.

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