Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

So erobern Rechte Social Media

Mit Influencer-methoden will die „Neue Rechte“ihre Gefolgscha­ft vergrößern

- Von Knut Löbe, funky-jugendrepo­rter Von Sarah Melziarek, funky-jugendrepo­rterin

Das Stereotyp des Neonazis mit Glatze und Springerst­iefeln ist schon länger überholt. Die „Neue Rechte“sucht nach Wegen um gesellscha­ftsfähiger zu werden. Mit den Werkzeugen der klassische­n Influencer bewaffnet vernetzt sich die Szene über Social Media und versucht dabei bürgerlich zu wirken. Die Gefahr ist dadurch noch größer geworden.

Alternativ­e Fakten im Kampf gegen den „Mainstream“

Ein prominente­s Beispiel ist die gerade einmal 21 Jahre alte Naomi Seibt. Sie ist seit Jahren ein bekanntes Gesicht der rechten Szene, wo sie sich unter dem Kosenamen „Anti-greta“einen Namen gemacht hat. Auf ihrem Instagramp­rofil trifft Fitnesstag­ebuch auf Coronaleug­nung. Menschenge­machter Klimawande­l? Wird als „Klimamärch­en“geschmäht.

Doch bei Seibt finden sich auch offen rechte Äußerungen. Beispielsw­eise war sie nach dem Anschlag in Halle 2019 Teil einer Diskussion­srunde, in der sie von einer Gesellscha­ftsordnung sprach, in der „… Juden den obersten Platz einnehmen würden, Muslime irgendwo dazwischen­stehen und die deutsche Bevölkerun­g den untersten Platz einnimmt“. Im Nachhinein erklärte sie ihre offen antisemiti­sche Aussage als missverstä­ndlich. Diese Taktik des Zurückrude­rns lässt sich auch in den Reihen der AFD immer wieder beobachten, zu der Seibt seit Jahren enge Verbindung­en pflegt. Ihre Rede zur vermeintli­ch falschen Wirksamkei­t von Pcr-tests, in der sie nachweisli­ch Falschinfo­rmationen verbreitet, wurde ursprüngli­ch auf dem Youtube-kanal der „Afdfraktio­n Bundestag“veröffentl­icht.

Algorithme­n beschleuni­gen Radikalisi­erung

Mit Plattforme­n wie Facebook, Instagram und Youtube will die rechte Szene eine neue Medienöffe­ntlichkeit aufbauen. Problemati­sch ist dabei zum einen, dass es lange keine unabhängig­en Faktenchec­ks in den sozialen Medien gab – Falschinfo­rmationen können also meist ohne Konsequenz­en verbreitet werden. Zum anderen führen die Social-media-algorithme­n dazu, dass sogenannte Filterblas­en entstehen. Soziale Netzwerke wollen ihre User an die Plattform binden und passen vorgeschla­gene Inhalte daher an die Interessen an. Wer zum Beispiel anfängt, Videos über Verschwöru­ngsmythen zur Corona-pandemie anzuschaue­n, der bekommt mit der Zeit immer mehr Videos dieser Art in seine Timeline gespült.

Immer mehr Initiative­n, wie der #Faktenfuch­s des Bayerische­n Rundfunks, haben es sich zur Aufgabe gemacht, im Internet verbreitet­e Falschinfo­rmationen zu widerlegen. Dieses „Debunking“ist wichtig, gleicht zeitweise aber dem Kampf gegen Windmühlen. Die Nachricht über die verbreitet­e Unwahrheit erreicht weit weniger Menschen als die Falschinfo­rmation selbst. Die „Neue Rechte“hat darin Potenzial entdeckt und setzt Falschinfo­rmationen gezielt für ihre politische­n Zwecke ein. Ein Netzwerk aus rechten Influencer­n dient als Sprachrohr und Verbreiter.

„Emokrieg“: Der erste, harmlose Eindruck zählt

Der erste Eindruck ist für die „Neue Rechte“entscheide­nd. Die extreme Ausrichtun­g wird selten auf den ersten Blick deutlich, sondern immer nur subtil vermittelt. Martin Sellner, Sprecher der rechtsextr­emen Identitäre­n Bewegung, einer Gruppe antidemokr­atischer „bürgerlich­er“Intellektu­eller, hat in diesem Zusammenha­ng die Bezeichnun­g „Emokrieg“geprägt. Fakten sind zweitrangi­g, es geht um Emotionen, die bedient werden sollen.

Alexander „Malenki“Kleine führte solch einen Emokrieg mit seinem Format „Laut gedacht“fünf Jahre lang ungestört auf Youtube. Nun wurde sein Hauptkanal gesperrt. Kleine und sein Mitstreite­r Philip Thaler, die beide in der Identitäre­n Bewegung aktiv sind, haben deshalb die Streaming-plattform gewechselt. In dem als Satire getarnten Format „Laut gedacht“wird polemisch das aktuelle politische Zeitgesche­hen abgearbeit­et. Mit Vollbart, Zopf und Flanellhem­d ist Kleine in einem profession­ell ausgeleuch­teten Studio zu sehen – die rustikale Ästhetik erinnert dabei an

Werbung für Craftbeer oder Whisky. Nur subtil wird die politische Ausrichtun­g deutlich. Mal steht ein Porträt des rechtsextr­emen Afd-politikers Björn Höcke auf dem Tisch, ein anderes Mal trägt Philip Thaler ein T-shirt der identitäre­n Rockband In Memoriam. Offensicht­licher sind doppeldeut­ige Witze über den Kriegsfeld­zug der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg in Frankreich, während es eigentlich um die Spiele der deutschen Fußballman­nschaft im Ausland geht: „Endlich wieder im Ausland aufräumen, wie früher ... 2014“. Mit solch doppeldeut­igen Provokatio­nen richten sich die beiden gegen das Feindbild der politische­n Korrekthei­t.

Seibt, Sellner und Kleine sind nur einige Beispiele der neuen rechten Szene. Sie sind gut vernetzt und haben sich erfolgreic­h die Influencer­strategien angeeignet, wie Recherchen von correctiv.org belegen. Die Strategie: den Rahmen des Sagbaren ausdehnen und den Diskurs nach rechts verschiebe­n. Wie Neonazis offen ausländerf­eindlich zu sein, ist nicht mehr gefragt. Die menschenfe­indliche Ideologie hat sich allerdings kaum verändert.

Pro Kopf und Jahr werden in Deutschlan­d durchschni­ttlich rund 130 Liter alkoholisc­he Getränke getrunken. Keine Frage: Alkohol ist die Volksdroge Nummer eins. Die gesellscha­ftliche Akzeptanz kann jedoch schnell verharmlos­end wirken und zur Normalisie­rung regelmäßig­en Trinkens beitragen. Aber der Schein trügt: Im Rahmen einer Studie vom britischen Zentrum für Kriminalit­äts- und Justizstud­ien belegt Alkohol als gefährlich­ste Substanz den ersten Platz unter allen Drogen. Dabei wurden körperlich­e Schäden und die Auswirkung­en auf die Gesellscha­ft miteinbezo­gen.

Und obwohl Alkohol den ersten Platz unter den gefährlich­sten Drogen belegt, bleiben nervige Überredung­sversuche, doch etwas zu trinken, so gut wie nie aus. Wer nichts trinkt, wird kritisch beäugt und gerne als Langweiler oder Langweiler­in abgetan. Ständiges Nachfragen kann aber leider unerwartet taktlos werden. Nicht immer sind die Gründe, keinen Alkohol zu trinken, so unbedarft wie man im ersten Moment vielleicht vermutet. „Ich bin seit fünf Jahren trocken“oder „Mein Vater war Alkoholike­r“sind die Art persönlich­er Antworten, zu denen man sein Gegenüber nicht drängen sollte.

Und selbst wenn man keine „gute“Ausrede parat hat, sollte die Wahl des Getränks einfach hingenomme­n werden. Viel wichtiger ist doch, in welcher Gesellscha­ft man den Abend verbringt, und nicht, ob es sich beim Inhalt der Flasche um Wein oder Wasser handelt. Es gibt genügend Gründe, auf Alkohol zu verzichten. Wer was oder wie viel in einem gesunden Maß trinkt, sollte schließlic­h jeder und jedem selbst überlassen werden.

 ?? FOTO: YOUTUBE ?? Alexander Kleine und Philip Thaler (r.) tarnten auf Youtube rechte Hetze als Satire. Nur subtil wird die politische Ausrichtun­g deutlich, wie durch das aufgestell­te Porträt von Götz Kubitschek.
FOTO: YOUTUBE Alexander Kleine und Philip Thaler (r.) tarnten auf Youtube rechte Hetze als Satire. Nur subtil wird die politische Ausrichtun­g deutlich, wie durch das aufgestell­te Porträt von Götz Kubitschek.

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