Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Mehr als 150.000 Straftaten
Erstmals seit 2006 überschreitet die Zahl der Delikte wieder eine markante Marke
Die Zahl der in Thüringen registrierten Straftaten hat 2023 erstmals seit 2006 wieder die Grenze von 150.000 überschritten. Das geht aus der aktuellen Kriminalstatistik des Innenministeriums und Erhebungen der Vorjahre hervor. Innenminister Georg Maier (SPD) hat deutlicher als in der Vergangenheit Zweifel an der Erhebung geäußert. „Der Aussagegehalt ist durchaus ein Stück weit infrage zu stellen“, sagt er, gesteht aber ein: „Das sind Zahlen, die es in sich haben.“
Für die deutlich gestiegene Zahl von Ladendiebstählen nennt Maier die Inflation der vergangenen Jahre als möglichen Grund. „Wenn die Preise steigen, dann steigt immer auch der Anreiz zum Ladendiebstahl.“Im vergangenen Jahr wurde mit Ladendiebstahl in Thüringen ein Schaden von 806.448 Euro angerichtet. Die absolute Zahl der Fälle stieg von 7155 auf 9444.
Auch die Gewaltkriminalität nimmt zu. Die Zahl der Raubdelikte liegt mit 772 Fällen deutlich über dem Niveau der vergangenen Jahre (+ 41,1 Prozent im Vergleich zu 2022). Einen leichten Anstieg gibt es bei gefährlichen und schweren Körperverletzungen (+8,2 Prozent im Vergleich zu 2022). Der Präsident des Landeskriminalamtes, Jens Kehr, macht das vor allem daran fest, dass seit Frühjahr 2023 keine Corona-auflagen mehr gelten. „Die Plätze sind belebter, Tatgelegenheiten ergeben sich“, sagt er.
Grüne und Linke haben wie Maier nach einer „sachlichen Einordnung“der Zahlen verlangt. „Es verbietet sich der Schluss der allgemein gestiegenen Kriminalität und Unsicherheit, denn der Fallzahlenanstieg geht vor allem auf die Diebstahlsdelikte zurück“, sagt die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Madeleine Henfling.
Sascha Bilay (Linke) unternimmt den Versuch, den Höchststand bei den Tatverdächtigen ohne deutschen Pass einzuordnen. „Der Anstieg entspricht dem Wachstum der Bevölkerung ohne deutschen Pass in Thüringen. Wo mehr Menschen leben, steigt auch die Zahl der Straftaten“, sagt Bilay. Von den im vergangenen Jahr ermittelten 57.253 Tatverdächtigen hatten 15.610 keinen deutschen Pass. Rechnet man die Verstöße gegen das Ausländerrecht, also die Taten, die Deutsche nicht begehen können, heraus, dann waren immer noch 21 Prozent der Tatverdächtigen keine Deutschen – bei einem Gesamtanteil von 7,6 Prozent zur Thüringer Wohnbevölkerung. „Das Thema darf nicht verschwiegen werden“, fordert der innenpolitische Sprecher der Cdufraktion, Raymond Walk. Mit Blick auf die allgemeinen Zahlen sagt er: „Die Sicherheit der Bürger muss endlich wieder Priorität haben.“
„Die Kriminalstatistik ist erschreckend und ein Armutszeugnis für das Spd-geführte Innenministerium“, sagt der innenpolitische Sprecher der Afd-fraktion, Ringo Mühlmann. Falls die Landesregierung eine Strategie gehabt habe, wie mit dem Straftatengeschehen präventiv umzugehen sei, „dann ist die krachend gescheitert“.
Die FDP forderte eine bessere Ausstattung für die Polizei.
Die Sicherheit der Bürger muss endlich wieder Priorität haben. Raymond Walk Innenpolitischer Sprecher der Cdu-fraktion im Landtag