Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)
Warum sich eine Legende um den Reitsport sorgt
Knapp 200 Pferde bei Hallenturnier in Flarchheim am Start. Kreisbeste Kinder und Jugendliche ermittelt sowie Kreismeister in Springen und Dressur
Frank Stötzel stand erstmals in der Verantwortung. Vor vier Wochen hatte er seinen Vater Udo Stötzel, der vergangenes Jahr 70 geworden ist, an der Spitze des Reit- und Fahrvereins abgelöst und war nun am Wochenende Leiter des zweitägigen Hallenreitturniers, ausgerichtet vom Reit- und Fahrverein Flarchheim.
1958 als Sektion des Sportvereins gegründet, sind die Reiter inzwischen selbstständig und zählen in ihrem Verein aktuell 50 Mitglieder. Udo Stötzel hatte den Flarchheimer Reitern 45 Jahre lang vorgestanden und ebenso lange die Turniere geleitet. Nun rücken seine Söhne Frank und Karsten in die Verantwortung, den Vater helfend zur Seite wissend.
Starter reisen auch aus Göttingen und Sangerhausen an
198 Pferde waren für das Hallenturnier gemeldet. Einzeln, mit einem Tier oder zwei Pferden im Hänger, oder als Reitverein mit einem Truck voller Reitpferde reisten die Starter auch aus Göttingen, Eschwege und Sangerhausen an. „Trotz anderer Turniere an diesem Wochenende kommen sie lieber hierher“, erklärte Frank Stötzel. Man habe mit der von der Agrargenossenschaft Großengottern gepachteten 20 mal 50 Meter großen Halle „die größte in der Region“. Außerdem könnten die Sportler mehrere Prüfungen an einem Tag ablegen.
Von dieser Möglichkeit machte zum Beispiel Erik Wollenhaupt aus Bad Langensalza Gebrauch. Er sei jedes Jahr auf dem Turnier in Flarchheim und ritt am Sonntagnachmittag mit seinem 14-jährigen Wallach „Lucardo“sowohl bei der Springprüfung Klasse A** als auch bei der anschließenden Punktespringprüfung Klasse L mit. Siegerin wurde in dieser Kategorie für den Gastgeber-verein Marie Cott auf „Ikben vom Groenhoeve“, einem Königlichen Warmblüter der Niederlande.
Für die abschließende Springprüfung der Klasse M*, bei der zehn 120 Zentimeter hohe Steilsprünge und Ochser übersprungen werden mussten, waren fünf Reiter und Reiterinnen am Start. Mit ihrem zweiten Pferd „Louis de Beau“legte Marie Cott erneut einen vom Publikum bejubelten Null-fehler-ritt hin und holte sich in der Königsdisziplin des Turniers den Kreismeistertitel. Zweiter wurde Peter Fiege aus Lengenfeld/stein, den dritten Platz be
legte Cotts Vereinskollege – und Lebenspartner – Ralf Spörke; beide kommen aus Goldbach und sind erst zu dieser Saison in den Flarchheimer Verein gewechselt und können auch hochwertige Prüfungen springen. Kreismeisterin in der Dressur wurde aus Tottleben Mathilda Ponick.
Udo Stötzel, eine Institution in Sachen Reiten, sieht seinen Sport in Gefahr. Die Kosten steigen – schon allein für die tierärztliche Versorgung
– und dabei wachsen die organisatorischen Hürden für die Turnierausrichter. Trotz der knapp 200 Pferde, die an den beiden Wettkampftagen aktiv waren, sieht Stötzel einen Rückgang: nicht bei den Kindern (auch diesmal gab es rund 100-Kinder-starts in den verschiedenen Disziplinen), sondern bei den erwachsenen Reitern.
„Kinder sorgen mit ihren Familien immer für gut gefüllte Hallen und Anlagen. Das war auch diesmal
so. Wir wollen versuchen, ihnen auch bei unserem Turnier im Sommer einen noch größeren Raum zukommen zu lassen.“Mitte August steht in Flarchheim drei Tage lang wieder alles im Zeichen des Reitens und der Pferde. Der dortige Reitund Fahrverein ist der einzige in der Region, der in der Lage ist, derartige Turniere alle zwei Jahre auf die Beine zu stellen und dazu das jährliche Hallenturnier. Flarchheim selbst will dem Wettkampfsport auch im
Nachwuchsbereich treu bleiben. Bei den gleichzeitig ausgetragenen Kreis-kinder und -Jugendspielen gingen sieben Nachwuchsreiter an den Start. Anders als in anderen Vereinen dominieren da die Jungs, auch das hat Tradition in Flarchheim. Jüngstes Flarchheimer Teammitglied war aber ein Mädchen: die vierjährige Fibi Luisa Plötz, die im Führzügel-wettbewerb startete und ankündigte: „Nächstes Jahr will ich aber springen.“