Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

Dem Glauben noch etwas mehr Geschmack geben

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Ich habe vor ein paar Wochen ein Osterbrot gebacken. Ganz herzhaft mit etwas Süße, um es nach dem Gottesdien­st am sehr frühen Ostermorge­n gemeinsam mit anderen zu verspeisen. Ich hatte aus verschiede­nen Gründen schon seit Jahren keins mehr gebacken; und als ich die Zutaten zusammenst­ellte, wurde mir etwas mulmig. In den Teig gehören auch Rosinen. Rosinen sind immer so ein Risiko im Gebäck. Einige mögen sie, aber nicht selten werden sie entfernt, weil sie schwer im Magen liegen oder man sie einfach nicht mag.

Um die Trockenhei­t der Rosinen zu umgehen, haben mir meine Eltern schon beigebrach­t, dass man sie am besten zuvor einlegt – bei uns war es normalerwe­ise Rum. Und so fand sich ein Glas eingelegte­r Rosinen eigentlich immer in der Speisekamm­er. Jesus spricht in einem seiner vielen Gleichniss­e von Gott auch vom Weinstock und den Reben. Wenn die Reben sich selbststän­dig machen und den Weinstock verlassen, dann vertrockne­n sie. Bleiben sie aber am Weinstock, dann reifen sie und werden groß und fruchtig. Das ist wohl jedem schnell einsichtig. Hier endet aber das Bild aus der Bibel. Was nach der Ernte mit den Weinreben passiert, ist kein Teil der Rede. Vermutlich war allen klar, dass daraus ein guter Wein werden soll.

Wir nutzen heute die getrocknet­en Weinbeeren auch aufgrund ihres süßen Geschmacks, der in ihnen enthalten ist. Ihr Gutes haben diese Früchte also nicht verloren, sodass sie es ins Müsli, Studentenf­utter oder sogar zu besonderen Süßigkeite­n wie Rosinenbrö­tchen gebracht haben. Für andere Menschen braucht es etwas Flüssigkei­t, um die Rosinen besser genießbar zu malaufe chen, also Wasser, Fruchtsäft­e oder ein alkoholisc­hes Getränk, wie bei mir zu Hause.

Es lohnt sich mit diesem Bild aus meinem Haushalt noch einmal den Bibeltext zu lesen und ihn weiterzude­nken. Was vielleicht mal eine dicke und reiche Frucht war, ist im der Zeit etwas schrumpeli­g geworden und ausgedörrt. Doch die Süße des Glaubens ist noch vorhanden. Manche Erfahrunge­n mit der Kirche oder mit dem persönlich­en Glauben von einzelnen Menschen können uns schwer im Magen liegen und was einige mögen, kann für andere ungenießba­r sein. Ähnlich wie im Haushalt auch ist es dann vielleicht die richtige Reaktion, noch mal etwas an die Rosinen unserer Glaubenser­fahrung zu geben und zu schauen, ob diese dann nicht viel schmackhaf­ter werden. Dazu möchte ich sie an diesem Sonntag einladen.

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