Thüringer Allgemeine (Mühlhausen)

Dorfbürger­meister: Will das überhaupt noch jemand machen?

Mancherort­s kandidiere­n alte Hasen. doch es zieht auch Neulinge ins Amt

- Claudia Bachmann, Leonie Wiegel und Sabine Spitzer

Unstrut-hainich-kreis. Wer will sein Dorf regieren, seinen Ortsteil, seine Ortschaft? Auch die Bürgermeis­ter dafür werden am 26. Mai im Unstrut-hainich-kreis gewählt. Das Interesse daran könnte unterschie­dlicher nicht sein. In der Landgemein­de Südeichsfe­ld finden sich für die Dörfer Lengenfeld/ Stein und Faulungen keine Bewerber. Auch in Eckardtsle­ben, Henningsle­ben, Großwelsba­ch, Windeberg, Horsmar und Alterstedt wollen die Amtsinhabe­r nicht wieder antreten. Und kein anderer aus dem Dorf zeigt Interesse.

Das heißt: Die Wähler können selbst einen Namen auf die Wahlzettel schreiben. Erhält der Kandidat mehr als die Hälfte der abgegebene­n Stimmen, muss er darüber nachdenken, ob er die Wahl annimmt. Gegebenenf­alls gehen auch jene zwei Einwohner, die die meisten Stimmen auf sich vereinen, in eine Stichwahl 14 Tage später.

Anders die Situation in Ufhoven, einem Ortsteil von Bad Langensalz­a, und Obermehler in der Landgemein­de in Nottertal-heilinger Höhen. Dort gibt es jeweils drei Kandidaten. Doch es gibt auch junge Leute, dies sich erstmals der Wahl stellen. So wie Jana Fett aus Niederdorl­a. Die 39-Jährige, die als Betriebsra­tsvorsitze­nde arbeitet, ist noch ohne jegliche kommunalpo­litische Erfahrung. Die Feuerwehrf­rau ist die einzige Bewerberin um die Nachfolge von Eberhard Schill (SPD), der, wie lange angekündig­t, nicht noch einmal antritt. Seit 2010 ist er im Amt.

Felchtaer Ortschef will Gemeindesc­hänke modernisie­ren

„Irgendwie haben im Dorf alle gehofft, dass Eberhard doch eine weitere Legislatur­periode in Angriff nimmt“, sagt Jana Fett. Auch bei ihr hat Schill um eine Bewerbung geworben. Mit Erfolg. „Ich weiß, dass es große Fußstapfen sind, in die ich trete. Aber das Leben im Dorf soll weitergehe­n. Wir wollen eine starke Position innerhalb der Landgemein­de Vogtei bekommen.“Die gelernte Diätassist­entin tritt bei der Wahl zur Ortsbürger­meisterin für die Freien Wähler Niederdorl­a an, über die Spd-liste möchte sie auch in den Vogtei-gemeindera­t einziehen.

Einmal eingearbei­tet, kann das Amt auch in Fleisch und Blut übergehen. „Wenn mir früher jemand gesagt hätte, dass ich einmal auf dem Dorf Bürgermeis­ter bin, den hätte ich für verrückt erklärt“, sagt der Mühlhäuser René Seyfert (SPD), der seit 15 Jahren Ortsteilbü­rgermeiste­r in Felchta ist. Wird er am 26. Mai wiedergewä­hlt, kann er nach seiner vierten Legislatur­periode auf 20 Jahre Amtszeit zurückblic­ken.

Doch das Vertrauen der Bürger musste erst wachsen. Bei seiner dritten Kandidatur war Seyfert 2009 zum Ortsteilbü­rgermeiste­r gewählt worden. Seitdem laufe es sehr gut, sagt er. So gut, dass sich kein Gegenkandi­dat zur Wahl aufgestell­t hat.

Der umgestalte­te Festplatz, der gute Zustand vom Sportplatz, die wiederbele­bte Dorfschenk­e: „Wir haben in den letzten Jahren viel geschafft

und uns ein gesundes Dorfleben erhalten.“Ans Aufhören habe er bisher nie gedacht, auch nicht, wenn es ärgerliche Situatione­n gab. Die ehrenamtli­che Tätigkeit im Stadtrat von Mühlhausen und als Ortsteilbü­rgermeiste­r, die er neben seiner Arbeit als Berufsschu­llehrer in Görmar leistet, ist er gewohnt und belastet ihn nicht stark.

Zeitsoldat kandidiert als Ortschafts­bürgermeis­ter

„Mit 65 reicht es dann aber“, so Seyfert. Nach der nächsten Legislatur­periode würde er das Amt gerne in gute Hände abgeben. „Ich sehe gerade einen Generation­swechsel in den Räten und Vorständen. Da wird sich sicher jemand finden.“Doch erst einmal richtet sich sein Blick auf die nähere Zukunft: Bei einer Wiederwahl sei sein größtes Ziel, die Gemeindesc­henke auf den neuesten

Stand zu bringen. In Mülversted­t verlässt der Ortschafts­bürgermeis­ter Michael Kaufmann (parteilos) nach zwei Jahren das politische Parkett. „Das Amt nimmt viel Zeit in Anspruch“, gibt er zu, dass er den Aufwand unterschät­zt hat. Das lässt sich nicht mehr mit der Familie vereinbare­n. Für den zweijährig­en Sohn will er da sein, daher kandidiert er nicht.

Als er 2022 Ortschafts­bürgermeis­ter wurde, war klar, dass es nur zwei Jahre sind. Die Wahl war nötig, weil Manfred Müller in Ruhestand ging. Kaufmann freut sich, dass er trotz der kurzen Phase vieles hinterläss­t. Das frühere Trachtenha­us wurde zum Dorfgemein­schaftshau­s, es gab am Sportplatz eine Baumpflanz­aktion und der Park wurde umgestalte­t. „Jetzt steht in meiner Amtszeit noch das Landgemein­defest bevor, das ist ein schöner Abschluss“, sagt der 30-Jährige.

Nachfolger will jetzt Maik Mathes (parteilos) werden. Der 47-jährige Zeitsoldat der Bundeswehr war 2005 von Sachsen-anhalt nach Mülversted­t gezogen. Inzwischen hat er zwei Kinder. Die Tochter ist zehn Jahre alt, der Sohn vier. „Wir wurden hier so herzlich hier aufgenomme­n, dass ich mich entschloss­en habe, dem Ort etwas zurückzuge­ben“, erklärt er seine Kandidatur.

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CLAUDIA BACHMANN (2) Jana Fett will Ortsbürger­meisterin von Niederdorl­a werden. Sie sagt, sie weiß, dass sie im Falle ihrer Wahl in große Fußstapfen tritt.
 ?? ?? Rene Seyfert ist seit 2009 Ortsbürger­meister von Felchta. Er sitzt außerdem in Stadtrat und Kreistag.
Rene Seyfert ist seit 2009 Ortsbürger­meister von Felchta. Er sitzt außerdem in Stadtrat und Kreistag.

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