Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Ex-finanzvorstand verklagt Softwarehersteller Intershop
Unternehmen und Ludwig Lutter stehen sich vor Gericht gegenüber. Aber anders, als vor den Aktionären vermittelt
Jena. Die Hauptversammlung von Intershop ließ aufhorchen: Der am 2. Juni noch amtierende Aufsichtsratschef Herbert May vermittelte den Eindruck, das Softwareunternehmen klage gegen den früheren Finanzvorstand Ludwig Lutter. So jedenfalls war die Antwort auf eine Aktionärsfrage bei vielen Teilnehmern angekommen.
Lutter war im Sommer 2015 aus der Gesellschaft ausgeschieden. Gegenüber Intershop habe er schriftlich erklärt, dass ein vorfristiger Weggang nicht in seinem Interesse liege und er eine Auszeit plane, falls es doch so komme, berichtete May.
Intershop sieht sich arglistig getäuscht
Inklusive der Prämien für die Vergangenheit habe Intershop 272 000 Euro Abfindung gezahlt. Doch im Nachhinein habe sich gezeigt, dass Lutter doch bereits ein neues Arbeitsverhältnis verhandelt habe, weil er kurz darauf seinen Dienst bei einer Buchungsplattform für Hotels antrat. Einen Teil der Abfindung wolle Intershop wegen arglistiger Täuschung zurückfordern, sagte May den Aktionären.
Doch eine Nachfrage beim Landgericht Gera zeigt: Nicht etwa Intershop hat den ausgeschiedenen Finanzvorstand verklagt, sondern umgekehrt: Intershop behielt Gelder ein und Lutter klagte auf deren Zahlung. Laut Kerstin Böttcher-grewe, Sprecherin des Landgerichtes, liegt der Fall derzeit beim Oberlandesgericht in Jena, weil dort entschieden werden soll, welches Gericht wirklich zuständig ist: das Landgericht Gera oder das Arbeitsgericht Gera?
Intershop bedauerte auf Anfrage der Thüringer Allgemeinen, dass der Eindruck entstanden sei, das Unternehmen habe eine Klage gegen Lutter eingereicht. „Die Aussage von Herrn Dr. May auf der Hauptversammlung war, dass ein Verfahren vor dem Landgericht Gera rechtshängig ist, welches die Abfindungszahlung an Herrn Lutter zum Gegenstand hat“, sagt Sprecherin Heide Rausch, die mit Verweis auf das laufende Verfahren keine weiteren Angaben machen wollte.
Auch Lutter hielt sich wegen des schwebenden Verfahrens bedeckt, bestätigte aber, dass er wegen ausstehender Zahlungen gegen Intershop geklagt habe.
Der frühere Finanzvorstand war während seiner Amtszeit nicht unumstritten: Einige öffentliche Aussagen waren bei einem Teil der Aktionäre auf Kritik gestoßen. Bei der diesjährigen Hauptversammlung entlasteten ihn die anwesenden Anteilseigner nicht.