Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Bis ins Grab der Größte
Blumen, Fotos, Jubelrufe: Louisville verabschiedet sich von Box-legende Muhammad Ali. Bewohner und Angereiste säumten die Straßen
Louisville. „Er wollte keine stille Trauer. Er wollte die große Bühne“, sagt Isaiah Preston, „aber für alle Menschen, für alle Religionen. Und darauf kommt es in diesem Land gerade verdammt noch mal wirklich an.“Der 43-jährige Musiker ist Freitagmorgen zusammen mit seiner Frau Trish einer der ersten an der Kreuzung, wo der nach Louisvilles berühmtestem Sohn benannte Boulevard in der Innenstadt auf die 9. Straße trifft.
Mit einem Trauerzug durch die Heimatstadt der gestorbenen Box-legende Muhammad Ali haben Hunderte Menschen in Louisville Abschied von ihrem Helden genommen. Ein Konvoi startete zu den Orten, die in der Kindheit und frühen Karriere des Champions bedeutend waren. Fans reihten sich am Straßenrand mit T-shirts und Fotos des dreifachen Weltmeisters im Schwergewicht auf.
Isaiah Preston ist für die Trauerfeier eigens aus New York 15 Stunden nonstop mit dem Auto in die 700 000-Einwohner-stadt am Ohio River gefahren, auf die eine Woche nach dem Tod der Universal-ikone die ganze Welt blickt. Warum die Strapazen? „Ich musste heute einfach hier sein. Durch Ali wurde es cool und würdevoll, in Amerika ein Muslim zu sein“, sagt Preston, „durch Donald Trump und andere darf das nicht zerstört werden.“
Nach dem Trauerzug sollte Ali im privaten Kreis auf dem historischen Friedhof Cave Hill Cemetery beigesetzt werden. Für die anschließende Trauerfeier hatten die Veranstalter ganz nach dem Willen Alis kostenlose Tickets vergeben. Die 15 000 Freikarten waren nach einer Stunde vergriffen.
Das kleine Haus im Westen der Stadt, wo Ali aufgewachsen war, hatte sich seit dem Tod des Boxers vor einer Woche zu einer Pilgerstätte verwandelt. Dort hing ein rotes Paar Boxhandschuhe über der Gedenktafel vor dem rosafarben gestrichenen Haus. Auch Blumen, Fotos und Plüschtiere hatten Fans niedergelegt. Viele schrieben Botschaften auf Poster, um dem Sportler, der sich nach dem Ende seiner Karriere für politische und soziale Ziele einsetzte, für sein Engagement zu danken.
Neben Alis Witwe Lonnie, seiner ältesten Tochter Maryum und weiteren Verwandten kam unter anderem auch Jordaniens König Abdullah II. in die Stadt. Ali, der in der schwarzen Bürgerrechtsbewegung vielen Afroamerikanern als Leitfigur diente und sich offen gegen Rassismus aussprach, wurde nach seinem Übertritt zum Islam im Jahr 1964 auch zu einer starken Stimme der muslimischen Gemeinde weltweit.
Zu jenen, die eher für die eigene PR vom Vermächtnis Alis profitieren wollten, gehörte Reep Tayyip Erdogan. Mit Gattin und sultanesker Entourage fiel der türkische Präsident bereits am Donnerstagabend im dicht bevölkerten Muhammad Ali-center ein, ließ sich durch das Multimedia-museum führen und posierte mit Exil-türken für Schnappschüsse. Höhepunkt der Peinlichkeit: Weil Erdogan von der Ali-familie in letzter Minute verwehrt wurde, bei der Trauerfeier zu reden, reiste er gestern verärgert vorzeitig ab.
Bei der Gedenkzeremonie wurden am gestrigen Freitag Trauerreden von Witwe Lonnie, Alis langjährigem Freund John Ramsey sowie Ex-präsident Bill Clinton, Komiker Billy Crystal und Sportjournalist Bryant Gumbel erwartet. Zuvor wurde noch ein muslimischer Gottesdienst für Ali abgehalten
Erdogan reiste verärgert ab