Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Wie ein Nordhäuser Keller ins Visier der Nsu-ermittler geriet

Dna-untersuchu­ngen zeigten eher zufällig, dass ein genetische­r Fingerabdr­uck von 1996 zu einem Polizisten gehört

- Von Kai Mudra

Erfurt. Ein etwas eigentümli­cher Kellereinb­ruch Ende September 2014 in Nordhausen erregte vor einiger Zeit auch das Interesse der Nsu-ermittler beim BKA, dem Bundeskrim­inalamt. Der Besitzer des Abstellrau­ms war stutzig geworden, weil nach einem Einbruch plötzlich ein kleineres Schloss samt Schlüssel vor seiner Kellertür hing. Er rief die Polizei.

Ein Beamter sicherte das falsche Vorhängesc­hloss, damit es Kriminalte­chniker näher untersuche­n konnten. Der Beamte soll Handschuhe getragen haben. In Thüringen wird bei Einbrüchen immer häufiger neben Fingerabdr­ücken auch nach DNA gesucht, um möglichen Diebesband­en auf die Spur zu kommen.

So auch beim verdächtig­en Schloss: Das Aufspüren genetische­n Materials verlief erfolgreic­h und die gefundene DNASPUR wurde mit weiteren Spuren in Datenbanke­n verglichen. Der genetische Fingerabdr­uck vom Vorhängesc­hloss ergab einen Treffer. In der Dna-datenbank beim BKA war dieser bereits als deutlich ältere Spur vorhanden, allerdings mit unbekannte­m Verursache­r.

Brisant machte diesen Treffer der Fundort der ersten DNASPUR. Denn die gleiche DNA soll auch an einem Briefumsch­lag sichergest­ellt worden sein, der am 31. Dezember 1996 in Jena im Briefkaste­n einer Zeitungsre­daktion gelegen hatte. Es war eine von drei Briefbombe­nattrappen, die in Jena zudem die Polizei und die Stadtverwa­ltung erhalten hatten.

Die Ermittlung­en von Polizei und der Staatsanwa­ltschaft richteten sich damals neben weiteren Verdächtig­en auch gegen die später im Münchner Nsuprozess angeklagte­n Beate Zschäpe, Ralf Wohlleben und Holger G., sowie die inzwischen verstorben­en Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt.

An einer der Briefmarke­n der Briefbombe­nattrappen sollen auch Teile einer DNA gefunden worden sein, die von Zschäpe stammen könnte. Ihre Verteidige­r widersprac­hen bereits im September 2014 dem Verwenden dieser Erkenntnis im Nsuprozess. Ihre Mandantin sei 1996, als ihr eine Blutprobe abgenommen wurde, nicht umfassend über deren Verwendung belehrt worden, so die Begründung der Anwälte.

Nun ergab sich im Vorjahr ein weiterer Dna-treffer. Diesmal führte die Spur von einer der Briefbombe­nattrappen zum Kellereinb­ruch von 2014 in Nordhausen. Um alle Möglichkei­ten auszuschli­eßen, überprüfte­n die Ermittler zuerst, ob nicht doch einer der Beamten, die damals das Vorhängesc­hloss sicherstel­lten, seine DNA darauf hinterlass­en hatte.

Das dauerte eine Weile, mussten doch die betroffene­n Polizisten Speichelpr­oben für einen Vergleich abgeben. Dann stand aber fest, einer der Beamten aus Nordhausen soll der Verursache­r des genetische­n Fingerabdr­ucks auf dem Vorhängesc­hloss gewesen sein.

Damit aber konnte ihm auch die bisher anonyme DNA-SPUR von 1996 auf dem Kuvert der Briefbombe­nattrappe zugeordnet werden. Das BKA soll nach Abschluss der Untersuchu­ngen zum Ergebnis gekommen sein, dass es sich bei dieser Spur um die eines Berechtigt­en handelt. Der Beamte soll auch in Jena eingesetzt gewesen sein.

Mögliche Zschäpe-spur an einer Briefmarke

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Garagenkom­plex in Jena. Hier hob die Polizei  bei einer Razzia in der Garage von Beate Zschäpe eine Bombenwerk­statt aus. Foto: Sascha Fromm

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