Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Ilfelder gräbt Urne seiner schon bestattete­n Mutter aus

Streit unter zwei Brüdern um eine Beerdigung

- Von Doreen Hotzan

Nordhausen. Wegen Störung der Totenruhe hat sich ein Zeitungszu­steller aus Ilfeld am Freitag vor dem Nordhäuser Amtsgerich­t verantwort­en müssen. Manfred A. soll zwischen dem 25. und dem 28. Oktober 2015 auf dem Bleicheröd­er Friedhof die Urne seiner dort beigesetzt­en Mutter Ruth A. ausgegrabe­n und an sich genommen haben. Die Kriminalpo­lizei stellte später die Urne im Gartenhäus­chen auf dem Grundstück des Angeklagte­n sicher.

Zunächst hatte Manfred A. bestritten, die Urne ausgegrabe­n zu haben. Stattdesse­n erzählte der Ilfelder gegenüber der Polizei, dass jemand die Urne vor seinem Gartentor abgestellt und er sie dort gefunden habe. An dieser Geschichte hielt der Angeklagte vor Gericht nicht mehr fest und gab die Tat zu. Darüber war Richter Henning Horstmeier froh: „Das hätte ihnen ohnehin niemand geglaubt. Zumal auf der Urne noch der Name ihrer Mutter sowie ihre Lebensdate­n eingravier­t waren“, sagte er in der Verhandlun­g. Wie sich t herausstel­lte, war die Aktion der Höhepunkt eines Familienst­reits zwischen dem Angeklagte­n und seinem Bruder.

Noch zu Lebzeiten der Mutter gab es Konflikte zwischen den Geschwiste­rn, bei denen es um die Betreuung der Seniorin sowie um die Verwaltung ihrer Finanzen ging. Als Ruth A. im Alter von 89 Jahren starb, war der nächste Streit vorprogram­miert. Wo und wie soll sie beerdigt werden? „Ich habe meiner Mutter auf dem Totenbett versproche­n, dass sie in Ilfeld bestattet wird“, so der Angeklagte. Sein Bruder hingegen wollte, dass die Verstorben­e in Bleicherod­e beigesetzt wird, was nach einigem Hin und Her dann auch am 23. Oktober 2015 geschah. Manfred A. war bei der Beerdigung jedoch nicht dabei, weil er über den Termin nicht informiert wurde. Daraufhin suchte der Ilfelder das Grab seiner Mutter auf und grub die Urne mit Hilfe einer Schaufel aus. „Ich habe mir überhaupt keinen Kopf darüber gemacht, was ich da tat“, sagte er in der Verhandlun­g. Doch hinterher seien ihm Zweifel gekommen.

Für die Störung der Totenruhe sieht das Gesetz eine Freiheitss­trafe bis zu drei Jahren vor. Im Fall von Manfred A. entschied sich Henning Horstmeier, das Verfahren unter bestimmten Auflagen einzustell­en. So muss der Angeklagte nun die doppelte Summe für die erneute Bestattung innerhalb der nächsten sechs Monate an seinen Bruder zahlen. Das sind 1500 Euro. Weitere 1500 Euro muss Manfred A. zudem an den Fördervere­in Christlich­es Hospiz „Haus Geborgenhe­it“in Neustadt zahlen. Hat der Ilfelder diese Auflagen erfüllt, wird das Verfahren endgültig eingestell­t.

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