Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Wie Stillleben – Neue Erzählungen von Judith Hermann
Viel passiert nicht in Judith Hermanns neuen Kurzgeschichten. Es sind fast Stillleben, die die Autorin in dem Erzählband „Lettipark“zeichnet. Eine Frau sitzt an einem Feuer. Dabei realisiert sie langsam, dass ihr Mann nicht zurückkommen wird. Zwei Freundinnen streichen die Wände ihrer gemeinsamen Studentenwohnung. Die eine trägt einen Papierhut und raucht. Eine alte Frau sitzt zwischen Bücherregalen und Pflanzen auf ihrer Chaiselongue und lässt sich von ihrer Untermieterin vorlesen.
Trotz dieser Ereignislosigkeit bleiben von diesen Szenen starke Bilder im Kopf. Man wird sich noch lange daran erinnern, wie die Frau am Feuer sitzt, wie die Freundinnen die Wohnung streichen. Und irgendwo dazwischen macht die Autorin in den 17 knappen Erzählungen die Schwierigkeiten zwischenmenschlicher Beziehungen sichtbar.
Ihre Figuren sind mit ihr älter geworden. Sie sind mittlerweile um die 40, haben Kinder oder eben keine zerbrochene Beziehungen oder eine, die gerade in die Brüche zu gehen droht.
Der Erzählband ist Hermanns vierter. Bekannt wurde die 46Jährige 1998 mit ihrem Debüt „Sommerhaus, später“. Ein Bestseller wie der folgende Band „Nichts als Gespenster“, aus dem einzelne Geschichten verfilmt wurden. Zuletzt hatte Hermann einen Roman veröffentlicht: „Aller Liebe Anfang“. Es war ihr erster und bisher einziger Roman, die Kritik fiel eher schlecht aus. Ob dies nun der Grund für die Rückkehr zu Kurzgeschichten ist? Das Buch in die Hand zu nehmen, lohnt sich in jedem Fall.
Hermann kommt aus Berlin und lebt nach wie vor dort. Ihre Erzählungen bleiben dieses Mal meistens zeit- und ortlos.
Judith Hermann: Lettipark, S. Fischer Verlag, Frankfurt/main, Seiten, , Euro
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