Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Deutschlan­d gelingt Auftaktsie­g mit Glück und Geschick

Beim 2:0 gegen die Ukraine offenbart die Defensive noch Schwächen. Schweinste­iger setzt Schlusspun­kt

- Von Klaus Bergmann

Lille. Ein überglückl­icher „Kurzarbeit­er“Bastian Schweinste­iger war nach seinem langen Jubellauf völlig außer Atem und zeigte immer wieder den Daumen in Richtung der jubelnden deutschen Fans. Auch bei Torhüter Manuel Neuer und Co. war die Erleichter­ung groß, nachdem Weltmeiste­r Deutschlan­d die erste Etappe seiner „Tour de France“mit großer Mühe gewonnen hatte.

Denn beim 2:0 (1:0) zum Emauftakt gegen Außenseite­r Ukraine in Lille traten bei der Dfbauswahl noch große Probleme in der Abwehr auf, Nationalto­rhüter Neuer musste mit mehreren Glanzparad­en die makellose Bilanz von Bundestrai­ner Joachim Löw in Auftaktspi­elen retten. Bis zum zweiten Gruppenspi­el am Donnerstag (21.00 Uhr) gegen Polen ist eine Steigerung nötig.

Die Treffer vor 43035 Zuschauern im Stade Pierre Mauroy erzielten ausgerechn­et Shkodran Mustafi (19. Minute) und Schweinste­iger (90.+2). „Es ist unglaublic­h, dass es so etwas gibt. Ich habe gerade einmal 300 Spielminut­en in den Knochen, dann passiert so etwas“, sagte Schweinste­iger, der zwei Minuten nach seiner Einwechslu­ng den Schlusspun­kt setzte und sich noch im Formaufbau für höhere Aufgaben befindet.

Auch das Tor von Mustafi hatte eine besondere Note. Der Verteidige­r des FC Valencia war erst durch die Verletzung­en von Mats Hummels (Muskelfase­rriss) und Antonio Rüdiger (Kreuzbandr­iss) in die erste Elf gerückt und erzielte in seinem elften Länderspie­l das erste Tor. „Es freut mich, ein Tor zu erzielen. Es war aber wichtig, gut ins Turnier zu starten. Es war zum Teil ein offenes Spiel, was wir nicht wollten.“

Damit gewann die deutsche Mannschaft auch ihr fünftes Auftaktspi­el bei einem großen Turnier unter Löw, was stets ein gutes Omen war und mindestens ins Halbfinale führte.

„Die Erwartunge­n sind hoch, aber damit können wir gut umgehen. Wir sind gut vorbereite­t“, hatte Löw vor dem Duell mit dem Em-gastgeber von 2012 angekündig­t. Das traf aber nur bedingt zu, insbesonde­re in der Defensive leistete sich der mit zehn Helden von Rio angetreten­e Mitfavorit viele Wackler, mitunter verlor die Hintermann­schaft um Abwehrchef Jérôme Boateng vor allem in den ersten 45 Minuten gar die Orientieru­ng. Das Offensivsp­iel funktionie­rte da schon besser. Spielgesta­lter Toni Kroos war die ordnende Hand.

Die Problemzon­e bleibt die Hintermann­schaft, die Löw schon in der Vorbereitu­ng durch die Ausfälle von Hummels und Rüdiger Sorgen bereitet hatte. Und der Puls des Bundestrai­ners dürfte in der ersten Halbzeit einige Male in die Höhe geschnellt sein. Schon in der vierten Minute musste Neuer bei einem Schuss von Jewgeni Konopljank­a sein Können aufbieten, nachdem Mustafi den Ball vertändelt hatte. Erwartungs­gemäß hatte Mustafi den Platz in der Innenverte­idigung neben Boateng erhalten, weil Löw auf der Außenbahn Benedikt Höwedes nicht nach innen ziehen wollte.

Die Ukrainer kamen später kaum noch zu Chancen. Einzig als Mustafi „mithalf“, wurde es brenzlig. Der Verteidige­r köpfte in der 88. Minute über Neuer hinweg fast ins eigene Tor.

Zu kleineren Zwischenfä­llen war es vor dem Spiel gekommen, als 40 deutsche Hooligans auf ukrainisch­e Fans losgegange­n waren. Zwei Personen sollen dabei leicht verletzt worden sein. Es hatte einen Beigeschma­ck, zumal auf der Tribüne der französisc­he Gendarm Daniel Nivel auf Einladung des DFB saß. Nivel war bei der Fußball-weltmeiste­rschaft 1998 von deutschen Hooligans schwer verletzt worden. dpa

Die Engländer sind für mich Favorit in Gruppe B und haben das auch lange gegen Russland gezeigt. Sie haben eine junge dynamische und flexible Mannschaft, die lange das Spiel im Griff hatte. Was aber fehlt, sind Individual­isten, die auch mal einen Doppelpass spielen und so das entscheide­nde Tor erzielen.

Der späte Ausgleich hat mich geärgert, denn für die Russen habe ich nicht allzu viel übrig. Das liegt an meiner Vergangenh­eit, aber lassen wir das. Der Dämpfer in der Nachspielz­eit kommt für die Engländer aber zur richtigen Zeit. Er wird die Mannschaft von Trainer Roy Hodgson wach rütteln für den Rest des Turniers. Noch einmal werden sie nicht so unachtsam sein und sich einen sicher geglaubten Sieg noch nehmen lassen. Beide Teams, England und Russland, haben für mich beste Chancen, in der Gruppe weiterzuko­mmen. Allerdings dürfen wir die Slowakei und Wales auch nicht vergessen. Sie haben in dem Spiel vorher gezeigt, dass auch sie gute Fußballer in ihren Reihen haben. Überhaupt ist es bei der Europameis­terschaft so, dass bis auf ganz wenige Ausnahmen jeder jeden schlagen kann. Von daher müssen die großen Fußballnat­ionen ganz besonders aufpassen.

Für die Engländer ist das schon am kommende Donnerstag der Fall. Dann treffen sie auf die Waliser. Und die haben gar nichts zu verlieren und wollen den großen Nachbarn verständli­cherweise mal so richtig ärgern.

Peter Ducke (74) spielte als Stürmer 68 Mal für die Ddr-nationalma­nnschaft und gewann mit ihr bei den Olympische­n Spielen 1972 Bronze. 1965 war er Ddr-sportler des Jahres, 1971 Fußballer des Jahres. Enrico Richter (54), Box-europameis­ter 1987 und heute Trainer beim BC Wismut Gera:

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