Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Polizeipannen behinderten Ermittlungen im Fall Peggy
Ein offenbar zu Unrecht Verurteilter musste vor zwei Jahren frei gesprochen werden, weil es keine belastbaren Beweise für ihn als Täter gab
Erfurt. „Der geistig zurückgebliebene Ulvi K. wurde wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Es gab keine Zeugen, keine DNA, keine Blutspuren, keine konkreten Beweise und vor allem – keine Leiche.“Die Journalisten Ina Jung und Christoph Lemmer veröffentlichten vor drei Jahren ihr Buch: „Der Fall Peggy – Die Geschichte eines Skandals“.
Das einleitende Zitat stammt aus der Verlagsankündigung. Beide Autoren „weisen nun nach, dass die Polizei gezielt auf die Verurteilung von Ulvi K. hingearbeitet hat – nicht, weil er der Täter war, sondern damit der Fall endlich zu den Akten gelegt werden kann“, heißt es weiter.
Im Mai 2014 spricht ein Richter am Landgericht Bayreuth Ulvi K. frei – aus „tatsächlichen Gründen“. Ein Tatnachweis sei nicht möglich, betonte der Vorsitzende Richter. Der Freigesprochene war 2003 vom Landgericht im oberfränkischen Hof zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die Richter sahen es damals als erwiesen an, dass der Mann die Schülerin getötet habe, weil er einen sexuellen Missbrauch vertuschen wollte.
Nach dem Freispruch 2014 standen die Ermittler im Fall Peggy wieder mit fast leeren Händen da. Denn trotz intensiver Suche nach dem Verscheinden des Mädchens am 7. Mai 2001 sowohl auf Oberfränkischer wie auch auf Thüringer Seite fehlte von ihr jede Spur. Anfangs gab es nur einen Hinweis einer Mitschülerin, die gesehen haben wollte, wie das Mädchen in ein rotes Auto eingestiegen sei, es aber auch wider verlassen habe.
Damals bestand der Verdacht, dass Fahrzeuge könnte ein tschechisches Kennzeichen haben, Peggy womöglich in der damals noch aktiven Kinderpornoszene im tschechischen Eger verschwunden sein.
Die Fahndung nach der neunjährigen Schülerin wurde damals dort mit Handzetteln genauso betrieben, wie auf deutscher Seite mit Plakaten auch in türkischer Sprache. Mehr als 500 Hinweise waren eingegangen, was fehlte, war eine heiße Spur.
Die Ermittler beschritten bei der Suche nach dem vermissten Mädchen auch außergewöhnliche Wege. So veranlasste die Staatsanwaltschaft Bayreuth im Januar 2014 die Öffnung eines Grabes auf dem Friedhof im oberfränkischen Lichtenberg. Die 81-Jährige war zwei Tage nach dem Verschwinden von Peggy begraben worden. Doch auch die Exhumierung ergab keine neuen Hinweise.
Stattdessen waren nach dem Freispruch von Ulvi K. frühere Bekannte der Familie in Halle (Sachsen-anhalt) in Verdacht geraten. Die Familie von Peggy stammte ursprünglich aus Halle.
Ob die nun offenbar gefundenen sterblichen Überreste des neunjährigen Mädchens die Ermittler zu ihrem Mörder führen, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Ihren Eltern wäre es zu wünschen.
Auch Exhumierung eines Grabes war erfolglos