Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Eine Klamotte im barocken Gewand
Mit der Premiere von Molières Ballettkomödie „Der Bürger als Edelmann“wurde das 20. Ekhof-festival in Gotha eröffnet
Gotha. Wir befinden uns, dem Ursprung nach, an einem Hoftheater, zu dem Bürgerliche zunächst keinen Zugang hatten. Es entstand im Jahrzehnt nach dem Tod Molières, dessen „Bürger als Edelmann“sie nun dort zeigen: eine Ballettkomödie, eine ausgedehnte Vergnügung mit Musik, Gesang und Tanz, geschrieben nicht für bürgerliche Volk, sondern für den Hof, beauftragt vom Sonnenkönig.
Das ist der historische Rahmen, den das museale Barocktheater auf Schloss Friedenstein von sich aus liefert und den die Aufführung ausgiebig bedient. Sie schont Prospekte nicht und nicht Maschinen, um die Kulissenbühne regelmäßig zu verwandeln. Prospekte für fünf Szenenbilder entwarf das Atelier Fantômas. Ein fünfköpfiges Barockensemble spielt die Musik von Molières Kompagnon Lully, ein Quartett vom Berliner Ensemble Historischer Tanz ahmt originale Choreografien nach.
Derart erreicht die Regisseurin Carola Moritz ihr Ziel, „der historischen Aufführungspraxis nahe zu kommen.“Damit ist’s dann aber auch genug.
Was Moritz mit einer wackeren Truppe von neun Schauspielern in 16 Rollen in diesen Rahmen stellt, zielt ab auf ein leichtes Sommervergnügen für Bürgersleute von heute. So pfeift sie auf komödiantische Feinheiten und lässt ein derbes Lustspiel groß ausstellen; es gerät zur Klamotte in barocken Klamotten.
Der Inszenierung ergeht es dabei ein wenig wie ihrem Protagonisten: dem neureichen Emporkömmling Jourdain, der Dünkel seinem eigenen Stand gegenüber hegt, sich mit Kleidung, Einrichtung und Unterricht in schönen Künsten zum Adel hin streckt und lächerlich macht.
Gregor Eckert holzt einen grobschlächtigen Tölpel aufs Brett: der Bürger als ein ungelenker Prolet und ein bildungsferner Dampfplauderer, der weder Manieren noch Geschmack hat.
Um ihn herum plustert und bläht sich das Ensemble zu bürgerlicher und adeliger Gesellschaft auf. Es bedient die ganze Palette der Erregungen – Jammer, Wut, Spott, Leidenschaft – die aber ziemlich hohl wirken.
Der Abend hat es so offensichtlich auf die permanente komische Wirkung abgesehen, dass der Witz fast immer schon im Voraus erkennbar wird – um beim Premierenpublikum des Ekhof-festivals häufig verpuffte.
Den Höhepunkt der Heiterkeit erreicht man indes in der „Turquerie“: als Jourdain in einer bizarren Zeremonie einen erfundenen Adelstitel erhält von einem türkischen Prinzen, hinter dem sich der Bürgersohn Cléonte verbirgt, dem Jourdain seine Tochter versagen will.
Alles in allem betreiben sie hier viel Aufwand für ein bisschen Spaß mit Fechterei und Prügelei und Keiferei und Tanzerei, der einfach nur eine besondere Bühne zeigen will. Das ist es, weshalb es die Leute zum Ekhof-theater zieht. Und das kriegen sie. Nicht weniger, aber auch nicht viel mehr.
Sommervergnügen für Bürgersleute von heute
!
Alle weiteren Vorstellungen bis Ende August sind ausverkauft.