Thüringer Allgemeine (Nordhausen)

Nordhäuser Firma will englische Taxis mit Energiezel­len ausstatten

Unternehme­n startet mit Investor aus Großbritan­nien neu durch. Bei guter Entwicklun­g Umzug ins Industrieg­ebiet Goldene Aue denkbar

- Von Thomas Müller

Nordhausen. Bodo Ramelow und Michael Deutmeyer kennen sich. Der Nordhäuser Unternehme­r reiste mit Thüringens Ministerpr­äsident nach Kasan, in die Hauptstadt der russischen Republik Tatarstan (wir berichtete­n). Gestern trafen sie sich wieder, diesmal in Nordhausen.

Bei der EAS Germany Gmbh ist in jüngster Zeit viel passiert. Ein englischer Investor hat das Unternehme­n Anfang 2015 übernommen. Er möchte die hier produziert­en Lithiumzel­len gern für seine Taxiflotte verwenden und für einen extra leicht gebauten Bus, der derzeit entwickelt wird.

Deutmeyer kam mit diesem Wechsel nach Nordhausen. Sein Ziel: EAS nach vorn zu bringen. Kaum ein Markt ist derzeit so gefragt wie der der Energiespe­ichermedie­n. Aber der neue Chef weiß auch, es ist Eile angesagt. In wenigen Jahren schon könnten die Preise für Batterien stark sinken. Bis dahin muss ein guter Kundenstam­m aufgebaut sein, müssen Verträge bestehen, muss EAS gezeigt haben, dass es innovative­r ist als viele andere.

Jedes Jahr möchte der Betrieb Michael Deutmeyer

künftig seinen Umsatz verdoppeln. „Noch ist die Produktion sehr händisch, wir müssen stark automatisi­eren“, gibt Deutmeyer die Richtung vor. Extreme Arbeitspla­tzzuwächse erwartet er deshalb nicht. Momentan arbeiten 36 Leute hier.

Bodo Ramelow kennt nicht nur den Geschäftsf­ührer. Er hat auch die gesamte Geschichte des Standortes im Kopf, an dem EAS derzeit eingemiete­t ist. Er weiß um den vergeblich­en Kampf des einstigen Ifa-chefs Otto Brandt nach der Wende, hier modernste Dieselmoto­ren herzustell­en.

Heute geht es nicht mehr um Brennstoff­e, heute geht es um Speicherme­dien. „Nicht nur in die Stromerzeu­gung müssen wir investiere­n, sondern vor allem in das Speichern von Strommenge­n“, meint der Regierungs­chef. „Bisher setzt Thüringen stark auf Wasserkraf­t. Was Sie hier machen, ist die notwendige Brücke in die Zukunft“, richtet er sich an Michael Deutmeyer. In der Hand einen kleinen runden Zylinder. Sie sehen harmlos aus, die Lithiumzel­len, doch in ihnen steckt genug Kraft, um Träger für Raketen auszustatt­en. Russland beliefert EAS bereits, Indien soll folgen.

„Wir gehen dahin mit unseren Produkten, wo andere wenig engagiert sind“, sagt der Geschäftsf­ührer. Heißt, die Nordhäuser stürzen sich nicht auf die Automobilb­ranche, sondern auf die Raumfahrt und Marine. Schiffe fahren mit ihren Zellen, Spaß-uboote, und wenn alles läuft, demnächst auch die großen Unterwasse­rboote.

„In 15 Jahren kauft niemand mehr Autos mit Verbrennun­gsmotor.“

Nordhäuser Zellen für russische Raketenträ­ger

Gehen die Pläne der neuen Investoren auf, wird EAS perspektiv­isch neu bauen. Bevorzugte­r Standort: das Industrieg­ebiet Goldene Aue. „Eine solche Ansiedlung wäre genau das, was wir uns wünschen“, meint Bodo Ramelow. Ein solch wertvolles Stück Land müsse man nicht für einen Logistiker erschließe­n, der nur eine Halle zum Unterstell­en benötigt.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass EAS dieses Jahr noch keine Gewinne einfährt. Der Investor schießt zu. Das soll sich ab kommendem Jahr ändern. Eine gemäßigte Steigerung stellt Deutmeyer sich vor.

Viele, viele Gespräche stehen derzeit in seinem Kalender, in zwei Wochen etwa mit Thyssen Krupp. Der Mann ist sicher: „In 15 Jahren kauft niemand mehr Fahrzeuge mit Verbrennun­gsmotoren.“Der Markt ändert sich rasant. Bisher produziert EAS die Zellen, die man für sich nicht nutzen kann. Künftig will das Unternehme­n auch gleich die Batterien herstellen, in denen die Zellen eingebaut sind.

In diesem Segment ist Gaia unterwegs, der Betrieb, aus dem die EAS Germany Gmbh 2011 hervorgega­ngen war. „Bis zu einer halben Million Zellen könnten wir produziere­n“, blickt Deutmeyer voraus und verweist darauf, dass momentan nur im Ein-schicht-system gearbeitet wird. „Wir wollen wieder zu drei Schichten kommen.“

An die Politik richtet er nur einen Wunsch: nicht nur in die Forschung zu investiere­n, sondern auch der Wirtschaft Wege zu ebnen, um gegen die asiatische Konkurrenz, die stark gefördert wird, bestehen zu können. Den Rest müssen die innovative­n Nordhäuser selbst hinbekomme­n. Im nächsten Jahr soll die Kleinserie­nproduktio­n für die Taxis starten.

 ??  ?? Ministerpr­äsident Bodo Ramelow machte sich ein Bild von den Produkten der EAS Germany Gmbh. Das Nordhäuser Unternehme­n kauft die Grundstoff­e zu und ist darüber hinaus ein vollwertig­er Produzent von Lithiumzel­len. Fotos: Marco Kneise
Ministerpr­äsident Bodo Ramelow machte sich ein Bild von den Produkten der EAS Germany Gmbh. Das Nordhäuser Unternehme­n kauft die Grundstoff­e zu und ist darüber hinaus ein vollwertig­er Produzent von Lithiumzel­len. Fotos: Marco Kneise
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