Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Frankreich lauert auf Revanche
Vor dem Halbfinalduell schiebt der Em-gastgeber Deutschland die Favoritenrolle zu. Bestwert bei Kopfballtoren
Saint-denis. Nach der glorreichen Nacht von Saint-denis wollen Frankreichs Fußballer nun Ruhm und Rache mit einem Sieg gegen den Weltmeister. „Da ist auch eine Revanche offen gegen Neuer und seine Kameraden“, betonte Olivier Giroud. Und ergänzte nach ein bisschen unruhigem Schlaf am Montag im Em-quartier der Franzosen: „Deutschland ist ein bisschen unser Angstgegner. Wir wollen diese Tendenz ändern.“Wie schwer der Gipfelsturm aber werden wird, lässt die Schlagzeile der „L‘équipe“vermuten: „Jetzt der Everest.“
Bei aller Euphorie nach der mitreißenden 5:2-Vorstellung gegen Island: Die Favoritenrolle schieben die Franzosen der deutschen Mannschaft vor dem Duell an diesem Donnerstag im Stade Vélodrome von Marseille zu. „Selbst wenn auf deutscher Seite Spieler fehlen, können wir uns darauf nicht ausruhen. Wir wissen, dass Deutschland Weltmeister ist, wir wissen, was uns erwartet“, meinte Dimitri Payet.
Er und Giroud mit jeweils drei und Antoine Griezmann mit vier Treffern belegen die ersten drei Plätze der Torjägerliste dieser EM – eine derartige Ausbeute gelang in der Em-historie noch keinem anderen Team. Einen Treffer steuerte der rechtzeitig vor dem Kracher gegen die DFB-ELF immer besser in Form kommende Paul Pogba bei. Fünf der elf Tore in fünf Spielen erzielten die Franzosen mit dem Kopf – ebenfalls ein Em-bestwert. Und Giroud meinte trotz des großen Respekts vor Manuel Neuer: „Er ist ein Schlüsselspieler der Mannschaft, aber ich habe schon gegen ihn getroffen. Er ist keine unüberwindbare Mauer.“ Deutschland ist also gewarnt. „Es ist schwer, gegen Frankreich zu spielen, weil sie so variabel spielen können“, analysierte Islands Trainer Lars Lagerbäck.
Der Torlos-fluch der ersten Halbzeit ist beendet, gleich vier Treffer erzielte die Mannschaft von Didier Deschamps im ersten Spielabschnitt. Der Coach hatte sein Team erneut umgestellt, ließ sie im 4-2-3-1-System spielen, so dass Giroud als Spitze und Griezmann direkt dahinter eine Achse bilden.
Wird das auch die Variante sein gegen Deutschland, das bei seinen Personalsorgen in der Abwehr den gesperrten Mats Hummels ersetzen muss? Deschamps lächelte. „Ich habe ein bisschen Zeit, um darüber nachzudenken und werde genau das auch tun.“Im Gegensatz zu Kollegen Joachim Löw stehen ihm alle Spieler zur Verfügung, keiner ist verletzt, keiner gesperrt.
Das bisher letzte Aufeinandertreffen war am 13. November des vergangenen Jahres von den Terroranschlägen in Paris überschattet worden. Die Franzosen gewannen die Partie mit 2:0. Bei einer EM oder WM sind die Franzosen nun seit 17 Spielen ungeschlagen. 19 sollen es mindestens noch werden. Vor zwei Jahren war die Équipe Tricolore im Viertelfinale der WM in Rio de Janeiro an Deutschland gescheitert – das Tor zum 1:0-Sieg schoss damals Hummels. Zudem hielt Neuer stark. dpa Marcoussis. Der portugiesische Nationalspieler Pepe hat vor dem Halbfinale mit dem Training ausgesetzt. Der Verteidiger nahm am Montag wegen Oberschenkelproblemen nicht an der Einheit im portugiesischen Trainingscamp in Marcoussis teil. Der portugiesische Verband bezeichnete die Trainingspause für den 33-Jährigen Medienberichten zufolge als „reine Vorsichtsmaßnahme“. Ein Ausfall des Verteidigers von Real Madrid für das Halbfinale gegen Wales am Mittwoch in Lyon (21 Uhr) wäre ein herber Rückschlag.
In der Partie gegen den Debütanten gibt es nach Ansicht von Mittelfeldspieler André Gomes „keinen Favoriten“. „Wir erwarten ein starkes, aggressives walisisches Team“, sagte er am Montag in Marcoussis. „Ich kenne die Spielweise britischer Teams gut, aber auch wir haben unsere Waffen“, ergänzte der 22-Jährige, der zuletzt angeschlagen war, am Montag aber mit dem Team trainierte. „Ich hoffe, dass ich im nächsten Spiel zum Einsatz kommen kann“, so Gomes.
Unterdessen steht fest, dass der Sieger bei einem Endspieleinzug Deutschlands automatisch für den Confederation Cup im kommenden Jahr in Russland qualifiziert ist. Die DFB-ELF ist bereits automatisch beim Turnier der kontinentalen Titelträger dabei. Zudem haben bereits Gastgeber Russland, Asienmeister Australien, Copa-américasieger Chile, Concacaf-gewinner Mexiko und Ozeanienmeister Neuseeland ihr Ticket für den Cup (17. Juni bis 2. Juli 2017) sicher. Dazu kommt noch der Afrikameister. dpa