Thüringer Allgemeine (Nordhausen)
Braugersten-rundfahrt nach schwierigem Jahr
100 Fachleute nahmen gestern die Gerste im Weimarer Land in Augenschein. Das Getreide ist knapp geworden
Buttstädt. Womit beginnt eine Braugerstenrundfahrt, auch wenn es gerade erst 9 Uhr durch ist? Genau: mit einem Schluck Bier. Die Brauerei Weimar-ehringsdorf hatte gestern einige Kästen Ehringsdorfer Urbräu für die etwa 100 Teilnehmer der 25. Thüringer Braugerstenrundfahrt gesponsert, die – da mit zwei Bussen im Kreis Sömmerda und nördlichen Weimarer Land unterwegs – sich ganz gern mit dem Gerstengetränk auf die Tour einstimmten.
Obwohl die glorreichen Zeiten passé sind, in denen wie in den 90er-jahren auf rund 70 000 der insgesamt 620 000 Hektar Ackerfläche in Thüringen Braugerste angebaut wurde, Braugerste im Freistaat mittlerweile nur noch auf knapp 25 000 Hektar wächst, war das Interesse an dieser Rundfahrt groß. Neben Landwirten und Züchtern aus der Bundesrepublik konnten die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft und der Thüringer Braugersteverein als Ausrichter dazu diesmal sehr viele Mälzer und Brauer begrüßen, darunter aus den beiden Thüringer Mälzereien in Erfurt und Clingen. Weil der Sommergersteanbau mit rund 350 000 Hektar Ackerfläche in diesem Jahr bundesweit auf das niedrigste Niveau zurückgefallen ist, kann die Brauwirtschaft ihren Bedarf an Braugerste nicht mehr aus eigenem Aufkommen decken.
Landwirte indes haben nachvollziehbare Gründe für eine Abkehr von der Braugerste: Deren Anbau erfordert besonderes Fingerspitzengefühl, außerdem sind die Erträge bei Sommergetreide deutlich geringer als bei Winterkulturen, und wenn dann noch die Erlöse so niedrig ausfallen wie zuletzt, lohnt sich der ganze Aufwand kaum.
Neben dem Ertrag muss bei der Braugerste vor allem die Qualität stimmen. Denn da das Bierbrauen in Deutschland durch das Reinheitsgebot auf die Verwendung von Wasser, Hopfen, Hefe und Malz beschränkt ist, spielt sie für die Bierqualität eine besondere Rolle. Deshalb nahmen die Rundfahrtteilnehmer neben Braugerstenschlägen mit leistungsstarken Sorten auch die Demonstration der Thüringer Lehr-, Prüf- und Versuchsgut Gmbh Buttelstedt in Augenschein. Die präsentierte Neuzüchtungen – etwa Sorten, die besonders standfest sind oder weniger anfällig für Pilzkrankheiten.